Die deutschsprachige Fassung von "Wolfenstein: The New Order" enthält fiktive Symbole anstelle von Nazi-Symbolen.

Foto: Bethesda Softworks

Die kontroverse Zensur der deutschsprachigen Ausgabe des diese Woche erschienen Shooters "Wolfenstein: The New Order" sorgte nicht nur in den Medien für reichlich Wirbel, auch brachte sie zahlreiche Konsumenten auf die Barrikaden, die sich für ihr Recht auf ein ungeschnittenes Spielvergnügen einsetzten.

Vorrangiger Grund dafür: Hersteller Bethesda Softworks liefert nicht nur ob einer deutschen Gesetzgebungen die um Nazi-Symbole befreite Version aus ökonomischen Gründen auch für Österreich und die Schweiz aus, sondern unterband zumindest bei PC-Spielern mit einem so genannten Region-Lock die Nutzung einer englischsprachigen Import-Ausgabe von "Wolfenstein: The New Order".

Erfolgreicher Protest

Spätestens zum Erscheinungstermin hagelte es dutzende Beschwerden seitens österreichischer Konsumenten, die sich um ihr Recht betrogen fühlten, ein im EU-Ausland erworbenes Produkt in ihrer Heimat nutzen zu können. Über die an das Spiel gekoppelte Online-Plattform Steam kann der Standort des Nutzers festgestellt und so die Nutzung softwaretechnisch verhindert werden.

Beschwerdeschreiben an Bethesda, im Steam-Forum, an Konsumentenschützer sowie an Medien wie derStandard.at zeigten jedoch bereits zwei Tage nach Erscheinen des neuen "Wolfensteins" Wirkung: Wie ein Supportmitarbeiter Kunden mitteilte, wurde der Region-Lock wenigstens für österreichische PC-Spieler aufgehoben. Damit kann hierzulande nun auch die englischsprachige, ungeschnittene PC-Version gespielt werden. "Österreich hat das Regime (Bethesda) besiegt!!!", titelte ein Steam-User im Tonfall des Shooters.

"Ich kann durchaus verstehen, dass es in Österreich kein solches Gesetz gibt und, dass ein zensiertes Spiel den Spielspaß äußerst einschränkt", wird ein Support-Mitarbeiter von Bethesda zitiert. "Das Problem der Geo-Locks sollte sich jedoch bereits gelöst haben. Von daher können Sie einfach zu einem Händler, welcher unzensierte Versionen verkauft und sich dort eine kaufen, um den unzensierten Spaß fühlen zu können. Ich bedanke mich für Ihr Verständnis."

Rechtslage

Damit ist die Blockade fürs Erste erfolgreich überwunden worden, wenngleich Bethesda Deutschlands Pressestelle auf Anfrage dazu keine offiziellen Aussagen treffen möchte.

Interessant aus Konsumentensicht ist, dass es dafür möglicherweise gar keine rechtliche Grundlage gab. "Ungerechtfertigte Diskriminierungen aufgrund des Wohnsitzes oder der Staatsangehörigkeit sind seit der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in der Europäischen Union nicht zulässig", erklärt Reinhold Schranz vom Europäischen Verbraucherzentrum Österreich gegenüber dem GameStandard. "Hierzulande ist sie durch das am 22. November 2011 in Kraft getretene Dienstleistungsgesetz in nationales Recht umgesetzt worden. Der klar und eindeutig formulierte Grundsatz der Nichtdiskriminierung der Empfänger von Dienstleistungen ist darin als 'Gleichbehandlungsgebot' verankert."

Wie Schranz weiter erklärt, könne dieses Gesetz nur unter bestimmten Umständen außer Kraft gesetzt werden. "Unterschiede bei den Zugangsbedingungen sind nicht diskriminierend, wenn sie durch objektive Kriterien gerechtfertigt sind.“

Objektive Kriterien

In diesem speziellen Fall würde etwa ein Verstoß gegen das Abzeichengesetz in Österreich eine Zugangseinschränkung rechtfertigen. Paragraph eins dieses Abzeichengesetzes untersagt das öffentliche Tragen, das Zurschaustellen, die Darstellung und die Verbreitung von Abzeichen, Uniformen und Uniformteilen verbotener Organisationen wie nationalsozialistischer Organisationen.

Ausnahmebestimmungen ermöglichen jedoch die Darstellung derartiger Symbole in Druckwerken, bildliche Darstellungen, Aufführungen von Bühnen- und Filmwerken und Ausstellungen (unter gewissen Voraussetzungen).

Videospiele werden hier nicht gesondert angeführt, weshalb bei "Wolfenstein: The New Order" geprüft werden könnte, ob in Österreich gesetzliche Bestimmungen bestehen, die es nicht erlauben, dass die unzensierte Version mit Nazi-Symbolen in Österreich gespielt wird. Sollte die Prüfung ergeben, dass gesetzliche Bestimmungen das Spielen der unzensierten Version nicht erlauben, dann wäre die Ungleichbehandlung aufgrund objektiver Gründe gerechtfertigt.

Kein Einspruch

Bislang wurde von rechtlicher Seite in Österreich allerdings kein Einspruch bezüglich der Inhalte von "Wolfenstein: The New Order" erhoben. Und auch von Seiten des Herstellers Bethesda gibt es keine Hinweise, dass man aufgrund der Gesetzeslage den Verkauf der ungeschnittenen Fassung des Spiels unterbindet.

Dass von der Zensur auch der österreichische und der schweizer Markt betroffen sind, liege daran, dass es "nur einen deutschsprachigen Master" (eine deutschsprachige Version) gebe, hieß es im April gegenüber dem GameStandard. Regionale Anpassungen würden nicht vorgenommen.

Eine Klarstellung der Rechtslage von Videospielen als Kunstform ist in jedem Fall überfällig. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 24.5.2014)

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