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Für Automaten mit dem Pez-Girl sind Sammler bereit, bis zu 1500 Euro zu investieren. Sie begründeten Ferry Eberts  Aufstieg zum Automatenkönig mit.


Foto: APA/Hochmuth

Wien - An manche Dinge kam man früher nicht so leicht ran. Selbst wenn man dafür bereit war, sein karges wöchentliches Budget zu opfern. Sportlich musste man obendrein sein, um als Heranwachsender an die süße Verführung zu kommen. Um die drei Schillinge nacheinander in den Münzschlitz einzuwerfen, musste man sich auf die Zehenspitzen stellen. Sodann musste der auf dem Blechautomaten angebrachte Hinweis "Wenn Münze gefallen, Knopf fest drücken" befolgt werden. Der Lohn für die Mühe: zwei Packerln Pez-Zuckerln.

1956 wurde die erste Verkaufsmaschine für die Traubenzuckerbonbons in Österreich am Wiener Westbahnhof aufgehängt. Schon von weit leuchteten nach und nach an vielen Orten die zitronengelben Automaten mit der lächelnden uniformierten Blondine, die verlockend einen Pez-Spender dem potenziellen Käufer entgegenstreckt.

Zahn der Zeit

Heute sind sie erneut begehrt, als "Kultobjekt", wie es jener Mann formuliert, dessen Leben mit ihrer Geschichte eng verwoben ist: Ferry Ebert. 22 Jahre jung war er damals, als er am Westbahnhof den ersten Pez-Automaten montierte. 40.000 Stück mit dem Konterfei der Pez-Dame Gerda Jahn wurden seinen Erzählungen nach bis in die 1980er-Jahre in Österreich und in Deutschland aufgehängt.

An vielen der Zuckerlspucker fraß der Rost, andere fielen gewaltvollen Attentaten zum Opfer oder wurden mit unlauteren Absichten gestohlen. Den Rest gab ihnen am Ende ihres Lebenszyklus die Schrottpresse. Nur noch ein paar Hundert Exemplare seien irgendwo vorhanden, schätzt Ebert, alle in Sammlerhand oder in Museen. "Ich hatte damals ja keine Ahnung, welche Wertigkeit die Automaten einst für ehemaligen Konsumenten entwickeln werden."

Anonyme Gesellen

Worin diese Anziehungskraft begründet liegt? "Die damaligen Automaten haben noch das Kleid des Produkts getragen, das in ihnen steckt, sie haben die Käufer noch richtig angesprochen", sprudelt es aus Ebert heraus. Die heutigen Automaten hingegen, die sich als "Snackbar" anbiedern, seien fade Gesellen, deren Inhalte in der Anonymität verschwänden.

Viele der Sammler holen sich mit einem Pez-Automaten auch ein Stück Kindheit ins Haus, brachten sie doch auch eine gewisse Süße in ihr Leben. Zwischen 500 und 700 Euro liege bei Online-Auktionen ihr Ausrufungspreis, berichtet Ebert. Doch Achtung: Es seien auch Geräte im Umlauf, die nicht enthielten, was sie äußerlich versprächen. Es sei auch schon vorgekommen, dass die Zuckerlautomaten mit dem Innenleben von Kondomspendern ausgestattet gewesen seien.

Um die alten Maschinen heute zu bedienen, bräuchte es eigentlich Schillingmünzen. Mithilfe eines Tricks geht es auch ohne. "Man kann den Hebel mithilfe eines Gummiringerls auch auf 'leer' umstellen", verrät Ebert. Ein bisschen Nostalgie mit einem der raren Pez-Automaten lässt sich auch ohne Kauf erleben: Ein Wiener Eventausstatter hat ein Mietstück zum Zweitagespreis von 32 Euro im Portfolio. Eberts Name ist nicht nur mit der Pez-Automatengeschichte eng verknüpft. Die von ihm über Jahrzehnte aufgestellten und schließlich auch selbst produzierten Kondom-, Gummibären-, Kaugummi- und Brieflosautomaten haben das österreichische Straßen- und Toilettenbild geprägt und ihn zum "Automatenkönig" gekrönt. Nicht alle haben ihm die erhofften Umsätze wie die Pez-Maschinen gebracht. Das Kapitel der Brieflosautomaten in den 1990er-Jahren ist wohl eines der dunkelsten in seiner sonst so bunten Vita, die er 2004 in dem Buch Auf den Spuren meines Lebens niederschrieb. Doch das ist eine andere Geschichte.

Von den Pez-Automaten besitzt er selbst nur noch ein paar Stück. Und die gibt er nicht her. "Meine beiden Enkelkinder sagen: Opa, verkauf nicht alles. Die haben erkannt, was für ein besonderer Wert in den Automaten steckt." Auf Lager liegen noch einige TicTac-, Haribo- und Tutti-Frutti-Automaten, die seiner Meinung nach Liebhaber-Herzen erfreuen könnten.

Spätestens zu seinem 80. Geburtstag im Dezember will er das Lager geräumt haben. Denn er hat längst eine andere Sammelleidenschaft entwickelt: 240.000 Fotos hat er in den vergangenen Jahren durchforstet, mit denen er für seine Frau Amalia, seine Kinder und Enkel umfassende Chroniken gestaltet hat. (Karin Tzschentke, DER STANDARD, 23.5.2014)