In Österreich leiden zwischen 1,5 und 1,7 Millionen Menschen an chronischen Schmerzen. Nun beklagte der Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG), Christian Lampl, bei einer Tagung in Graz wesentliche Defizite.

"Bedürfnisse ignoriert"

"Die österreichische Gesundheitspolitik ignoriert die Bedürfnisse von Schmerzpatienten und die Vorschläge von Schmerz-Experten für eine Verbesserung der schmerzmedizinischen Versorgung", sagt Lampl. Es sei absurd, dass heute mehr wirksame schmerztherapeutische Methoden als je zuvor zur Verfügung stehen, jedoch nicht konsequent bei allen Patienten eingesetzt werden können.

Im Bereich der Schmerzdiagnostik und -therapie seien Konzepte entwickelt worden, die chronischen Schmerzpatienten eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität ermöglichten, betonte der Experte. Deren Umsetzung scheitert jedoch aufgrund fehlender Aktivitäten der Krankenkassen und Sozialversicherungsträger und am nicht vorhandenen politischen Willen.

Ein Beleg dafür sei auch, dass im Bundeszielsteuerungsvertrag, für den das Gesundheitsministerium die politische Verantwortung trage, chronische Schmerzkrankheiten gar nicht vorkämen. "Ambulante und stationäre schmerztherapeutische Einrichtungen, die ausschließlich Schmerzkranken zur Verfügung stehen, finden sich nur sporadisch", so Lampl. Es könne nicht sein, dass die Qualität der Versorgung vom Wohnort der Patienten abhänge. Insgesamt würden heute die in Österreich durch chronische Schmerzen verursachten Kosten auf 1,4 bis 1,8 Milliarden Euro jährlich geschätzt.

Unzureichende Finanzierung

Erst am Dienstag hat der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart, die Verankerung der Schmerztherapie in den Leistungskatalogen der Krankenkassen gefordert. Derzeit würden niedergelassene Ärzte diese Leistungen nur privat anbieten können, was die flächendeckende Versorgung von Schmerzpatienten automatische verhindere, betonte der Standesvertreter. Die Krankenkassen seien nicht bereit, die Schmerztherapie "auch nur annähernd realistisch" zu honorieren. Auf der anderen Seite würden chronische Schmerzzustände in Österreich durch Arbeitsausfälle jährlich rund 4,1 Milliarden Euro an indirekten Kosten verursachen.

Bei einem Hintergrundgespräch in Wien betonte auch der Präsident der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres, dass man für die Schmerzpatienten Möglichkeiten für eine bessere medizinische Versorgung inklusive Kassenleistungen in der niedergelassenen Praxis schaffen sollte. Es gebe aber große Schwierigkeiten, neue Leistungen zu vereinbaren.

Auch die privaten Krankenkassen scheinen auf der Bremse zu stehen. Bezahlt wird bei den am häufigsten abgeschlossenen Krankenhaus-Zusatzversicherungen die "stationär notwendige Heilbehandlung". Die Therapie von chronischen Schmerzpatienten wird dabei laut Szekeres und dem Wiener Kammeramtspräsidenten Thomas Holzgruber zumeist als ambulante Leistung angesehen. (APA, derStandard.at, 26.5.2014)