Mit blauem Farbstoff markierte arbuskuläre Mykorrhizastrukturen in einer Wurzel unter dem Lichtmikroskop.

Foto: MPI

Potsdam - Phosphor ist ein lebenswichtiges Element für alle Lebewesen. Er ist Bestandteil der DNA und spielt eine wichtige Rolle im Energiehaushalt. Pflanzen nehmen Phosphor in Form von Phosphaten, also Salzen, aus dem Boden auf. Viele Böden sind jedoch an Phosphaten verarmt und weltweit gehen Phosphatquellen langsam zur Neige, die bisher zur Produktion von Dünger genutzt werden. Die optimale Versorgung von Nutzpflanzen ist aber unumgänglich, um gute Ernteerträge zu erzielen.

Erfolgsgeschichte Mykorrhiza

In diesem Zusammenhang könnte künftig eine bislang wenig beachtete Lebensgemeinschaft zwischen Pflanzen und Pilzen eine große Bedeutung erlangen: Etwa 80 Prozent der Landpflanzen können nämlich eine Beziehung mit bestimmten Pilzen eingehen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Pilz Phosphate aus dem Boden aufnimmt und an die Pflanzen abgibt, während er für seine Dienstleistung von der Pflanze mit Zucker versorgt wird. Bisher war nicht bekannt, wie der Transport vom Pilz in die Pflanze funktioniert. Forscher um Franziska Krajinski vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie berichten nun im Fachblatt "Plant Cell", dass Phosphate mit Hilfe einer ganz speziellen Protonenpumpe in die Pflanze gelangen.

Die Symbiose von Pflanzen und Wurzelpilzen ist eine uralte Erfolgsgeschichte: Bereits bei der Besiedelung des Festlandes vor über 400 Millionen Jahren erhielten die Pflanzen Unterstützung von Pilzen. Genauer gesagt handelt es sich um arbuskuläre Mykorrhizapilze, die weitgehend unterirdisch leben. Diese Pilze dringen mit ihren Pilzfäden (Hyphen) in die Wurzeln der Pflanze ein, mit der sie in Symbiose leben. Dort bilden sie Strukturen, die einem Bäumchen, lateinisch arbuscula, ähneln - daher nennt man sie Arbuskel. Von der Kooperation profitieren beide: Die Pflanze, die den Pilz mit Zucker versorgt, den sie mit Hilfe der Photosynthese hergestellt hat, erhält im Gegenzug vom Pilz lebenswichtiges Phosphat.

Transportproteine

Die Forschungsobjekte, an denen die Forscher die Transportvorgänge untersuchten, sind der Schneckenklee Medicago truncatula und der Wurzelpilz Rhizophagus irregularis. Auch in der Wurzel sind Pflanzen- und Pilzzellen durch Membranen voneinander getrennt. Auf dem Weg vom Pilz in die Pflanze muss das Phosphat diese Barrieren überwinden. Dafür sind bestimmte Proteine verantwortlich, die pflanzenseitig in der sogenannten periarbuskulären Membran sitzen und ihre Fracht vom Pilz in die Pflanze transportieren. Für diesen Vorgang benötigen sie Energie.

"Unsere Aufgabe war es herauszufinden, woher die Energie für den Transport kommt", sagt Daniela Sieh vom MPI. "Dazu konnten wir auf frühere Arbeiten zurückgreifen, in denen es uns gelungen war ein Gen des Schneckenklees zu identifizieren, das die Informationen für eine Protonenpumpe enthält."

Protonenpumpe zur Energieversorgung

Die Pflanze stellt demnach Energie zur Verfügung, in dem sie auf der Grundlage des identifizierten Gens ein Protein herstellt, das ebenfalls in der periarbuskulären Membran lokalisiert ist und Protonen in den Zwischenraum zwischen Pilzmembran und periarbuskulären Membran pumpt. Auf diese Weise entsteht ein Konzentrationsgefälle, das heißt, außerhalb der Pflanzenzelle sind sehr viel mehr Protonen vorhanden als innerhalb. Die Transportproteine, betanken sich sozusagen mit diesen Protonen und nutzen sie als Energiequelle, um das Phosphat in die Pflanzenzelle zu transportieren.

Um nachzuweisen, dass diese Protonenpumpe tatsächlich die Energie für den Phosphattransport bereitstellt, haben die Forscher in ihren aktuellen Versuchen das Gen, das im Schneckenklee die Information für eine Protonenpumpe in sich trägt, ausgeschaltet. Die Protonenpumpe war damit nicht funktionsfähig. Anschließend verglichen die Forscher die symbiotische Phosphataufnahme und das Wachstum dieser Pflanzen mit sogenannten Wildtyppflanzen, bei denen das Gen weiterhin aktiv und damit die Protonenpumpe funktionierte. Die Experimente zeigten, dass der Pilz die Wurzeln beider Pflanzentypen besiedelte. Unter Phosphatmangel-Bedingungen zeigten die Wildtyp-Pflanzen allerdings ein deutlich besseres Wachstum als die Pflanzen mit dem ausgeschalteten Gen.

Landwirtschaftliche Nutzung

Um die Rolle der Protonenpumpe genauer zu erforschen, verglichen die Wissenschafter zusätzlich die Phosphataufnahme beider Pflanzentypen. Während bei Wildtyppflanzen eine für die Mykorrhiza-Symbiose typische Aufnahme von Phosphat in die Wurzeln und den Spross nachweisbar war, konnte dieser Prozess bei Pflanzen ohne Protonenpumpe nicht beobachtet werden. "Wir konnten zeigen, dass ohne die arbuskuläre Protonenpumpe kein Phosphattransport vom Pilz in die Pflanze möglich ist“, so Krajinski, "Ohne diese Pumpe sind die Pflanzen nicht in der Lage, auf phosphatarmen Böden mitHilfe der Mykorrhizasymbiose gut zu wachsen."

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Knappheit der weltweiten Phosphatvorräte ist das Verständnis der symbiotischen Prozesse auch für den Nutzpflanzenanbau von großer Bedeutung. Mykorrhiza-Produkte werden bereits im Bioanbau als Ersatz für mineralischen Dünger verwendet, in Zukunft könnten sie jedoch noch eine viel größere Rolle für die Nährstoffversorgung unserer Nutzpflanzen und damit auch für unsere Ernährung spielen, so die Forscher. (red, derStandard.at, 01.06.2014)