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Auch das Leben dieses Polarfüchsleins würde ein EU-Importverbot russischer Pelze kaum retten - Felle werden nicht direkt exportiert, sondern über die Petersburger Pelzbörse verkauft.

Foto: Reuters/Naymushin

Wien/Brüssel - Im Umgang mit Sanktionen gegen Moskau hat sich die Europäische Union bei früheren Konflikten moderat verhalten. Infolge des Südkaukasus-Krieges 2008 entsandte die EU zivile Beobachter in die Region, um den Waffenstillstand zu überwachen. Auf Strafmaßnahmen gegen Russland verzichtete Brüssel jedoch.

Vorsichtig agierte Brüssel auch im Jahr 2000 nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Teilrepublik Tschetschenien, die nach dem Ende der Sowjetunion um ihre Unabhängigkeit von Moskau kämpfte. Die russische Kriegsführung stieß auf internationale Kritik. Europarat und Vereinte Nationen verurteilten Menschenrechtsverletzungen.

Entscheidung könnte fallen

Dennoch setzten sich Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien mit einer gemäßigten Linie gegen andere EU-Staaten durch. Hilfsmittel für Moskau wurden kurzzeitig eingefroren, die Unterzeichnung eines wissenschaftlich-technologischen Abkommens wurde ausgesetzt. "Wir müssen realistisch sein", warnte damals der deutsche Außenminister Joschka Fischer. "Die Politik ist die Kunst des Möglichen und nicht des Gewünschten."

Worin besteht nun 2014 "die Kunst des Möglichen", wenn die Situation in der Ukraine weiter eskaliert? Seit Wochen bereitet die EU für diesen Fall einen Drei-Stufen-Plan für Wirtschaftssanktionen gegen Russland vor. Diese reichen von einem Importbann für russische Luxusprodukte wie Kaviar, Wodka oder Pelze auf der niedrigsten Stufe über Importverbote für russische Vorprodukte bis zu Einfuhrverboten für Öl und Gas auf der höchsten Stufe. Eine mögliche Entscheidung über Sanktionen könnte am Dienstag beim Sondertreffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel fallen.

Wodka und Kaviar

Die wirtschaftlichen Mittel, mit denen die EU zunächst eine Warnung gen Moskau loslassen könnte, hören sich allerdings wie Rasseln mit Plastiksäbeln an. Von den 850 Millionen Liter Wodka, die Russland jährlich produziert, gehen nur zehn Millionen Liter in den EU-Raum. Größter Exporteur ist dabei das Unternehmen "Russki Standard". Um das Verbot zu umgehen, könnte der Konzern die Lieferungen theoretisch durch seine Werke in der Ukraine vornehmen lassen.

Kaviar wird derzeit nach Angaben von Alexander Saweljew, Leiter des russischen Informationszentrums für Fischfang, überhaupt nicht in die EU exportiert. "Roter Kaviar ist in Europa nicht populär und schwarzen können die Europäer leichter bei den Störfarmen in Israel, Saudi-Arabien und Iran kaufen", zitiert ihn das Internetportal businesspskov.ru.

Sanktionen und Gas

Auch bei russischen Pelzen wäre ein Verbot eher symbolisch, wird doch Edelpelz nicht direkt exportiert, sondern über die Petersburger Pelzbörse international verkauft. Für die EU-Kommission dürfte es schwer sein zu kontrollieren, welchen Ursprung die dann in anderen Ländern verarbeiteten Pelze haben, heißt es aus dem russischen Landwirtschaftsministerium.

Will man Russland ernsthaft treffen, müsste die EU schon die Gaslieferungen oder den Finanzsektor ins Visier nehmen. Bei den Banken wäre gemessen an der Größe des Apparats Österreich in der EU am stärksten betroffen, heißt es in einer Untersuchung der Deutschen Bank. Die heimischen Aktivitäten in Russland belaufen sich auf 1,4 Prozent der Bilanzsumme. Dahinter folgen die Niederlande und Italien.

Allerdings verweisen die Deutsche-Bank-Experten auf die großen Nachteile für das EU-Exportgeschäft, die ein Bann des russischen Finanzsektors und somit auch des Zahlungsverkehrs bringen würde. Noch deutlicher wären die negativen Folgen bei Sanktionen gegen Gasexporte. Ein Rückgang der Ausfuhren um 50 Prozent würde den Gaspreis um die Hälfte nach oben treiben. (kat; ab; as, DER STANDARD, 27.5.2014)