istockphoto.com/PhotoEuphoria

Armut hat viele Gesichter - und ist immer Sache des Kontextes.

Studienverlag

Zu Wort kommen im Handbuch durchwegs Fachleute mit sozial-, wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftlichem Hintergrund.

Sobald es einen Artikel zum Thema Armut im Westen zu bebildern gilt, stehen Journalisten vor einem Problem: Das Sujet des verwahrlosten Obdachlosen auf fleckigem Zeitungspapier illustriert das Phänomen längst nicht mehr treffend. Armut ist vielschichtiger geworden, subtiler, und sie frisst sich nicht erst seit der Finanzkrise von unten in die Mittelschicht. Die Schlagworte dazu lauten Prekarisierung und Working Poor, also Armut trotz Erwerbstätigkeit. Teures Wohnen, steigende Arbeitslosigkeit, ungleiche Vermögensverteilung: Als Bedrohungsszenario fördert Armut Abstiegsängste und lässt nach unten treten, statt Hände zu reichen.

Vererbte Armut

Armut ist immer Sache des Kontextes: Wer im westlichen Sozialstaat verarmt, kann, global gesehen, vielleicht als wohlhabend gelten - fällt im eigenen Land aber aus dem Rahmen, kann an sozialen Ritualen nicht mehr teilnehmen, erlebt Chancen- und Perspektivlosigkeit, Scham und vererbt all das an seine Kinder: In kaum einem Land Europas ist Aufstieg so sehr an den sozialen Status der Eltern gekoppelt wie hierzulande. Eineinhalb Millionen Menschen sind armutsgefährdet, aber es gibt 24 österreichische Milliardäre und 78.000 Millionäre.

Sanduhr statt Zwiebel

Dass die Vermögensverteilung in Österreich immer mehr der Form einer Sanduhr (unten und oben ausgebuchtet) und immer weniger einer Zwiebel mit dickem Mittelschichtsbauch gleicht, ist eine Dimension des Phänomens Armut, dem die Sozialexperten Nikolaus Dimmel, Martin Schenk und Christine Stelzer-Orthofer ihr neu aufgelegtes Handbuch widmen: Ein Ziegel von 1.000 Seiten, gefüllt mit 63 fundierten Analysen.

Zu Wort kommen durchwegs Fachleute mit sozial-, wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftlichem Hintergrund. So gelingt es, Armut in ihrer Vielschichtigkeit zu analysieren und Perspektiven für gelungene Sozialpolitik zu entwerfen. Eine wertvolle Handreichung für alle, die Armut wirklich begreifen wollen. (Lisa Mayr, DER STANDARD, 27.5.2014)

Karin Heitzmann von der Wirtschaftsuniversität Wien und Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie, präsentierten das Handbuch am 21.5.2014 in Wien.
ZIGE.TV