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Kritik an Kanzler Faymann ist nicht gerechtfertigt, sagen Kanzleramtsminister Josef Ostermayer und Parlamentspräsidentin Barbara Prammer.

Foto: apa/hochmuth

Wien/Eisenstadt – Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann hat parteiinterne Kritik an ihm am Dienstag gelassen kommentiert: "Schlechte Ratschläge nehme ich nicht entgegen", sagte er im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Roten Rufen nach einer baldigen Steuerreform antwortet er mit dem Hinweis auf den Entschließungsantrag in dieser Frage, der vergangene Woche im Nationalrat beschlossen wurde.

"Ärgste" Probleme beim Bundesparteitag

Der burgenländische Landesrat Rezar hatte im "Kurier" (Dienstagsausgabe) gesagt, an dem schlechten Abschneiden der SPÖ bei der Europawahl am Sonntag sei in erster Linie sicher der Kanzler selbst schuld. Dem SPÖ-Chef prophezeite Rezar "ärgste" Probleme beim Bundesparteitag, sollten bis Herbst die roten Kernforderungen im Steuerbereich (Vermögenssteuer, Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent) nicht auf Schiene sein. Gehe die ÖVP dabei nicht mit, solle Faymann die Koalition platzen lassen, empfahl der Landesrat. In diesem Zusammenhang schloss er auch eine Koalition mit der FPÖ nicht aus.

"Schlechter Ratschlag"

Faymann nimmt diese Kritik demonstrativ nicht ernst. "Wenn es unter 2.000 Mandataren wahrscheinlich mehr als einen gibt, der mir Ratschläge erteilt, dann nehme ich die guten auf." Dass Rezar aber eine Zusammenarbeit mit der FPÖ in den Raum stellt, "halte ich für einen schlechten Ratschlag, und schlechte Ratschläge nehme ich nicht entgegen".

Für den Kanzler wird die Debatte von den Medien hochgespielt. "Falls einmal jemand beim Recherchieren Hilfe braucht: Ich kann Ihnen so zehn, zwanzig sagen, die nicht immer meiner Meinung sind", versprach er den anwesenden Journalisten.

Inhaltlich weist Faymann den Vorwurf mangelnder Durchsetzungsfähigkeit seiner Partei bei einer Reform des Steuersystems zurück. Schließlich hätten alle Parteien außer ausgerechnet der FPÖ vergangene Woche dem Entschließungsantrag zugestimmt, wonach mit Ende 2014 ein Bericht über die Ergebnisse der Steuerreformarbeitsgruppe vorzulegen ist.

SPÖ-Spitzen verteidigen Faymann

Faymann wurde am Montag und Dienstag von seinen SPÖ-Ministern, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos und SPÖ-Klubchef Schieder verteidigt. Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl stärkte Faymann den Rücken.

Niessl weist Rezar zurecht

"Das ist nicht in Ordnung", sagte Niessl am Dienstag. "Kritik ja, aber die ist an den Finanzminister zu richten." Mit Rezar will er noch am Dienstagmorgen sprechen und die "Linie festlegen".

Auch Niessl pocht aber auf rasche Ergebnisse in den nächsten Monaten und macht Druck: "Es muss Ergebnisse geben in Bezug auf die Steuerreform. Wenn es keine Ergebnisse in der Regierung gibt, muss man sich überlegen, ob man weitermacht. Mit Blockierern in der Regierung zu sitzen ist schwierig."

Von Neuwahlen will der Landesparteichef allerdings noch nicht sprechen, ebenso wenig von einer Koalition mit der FPÖ: "Es gibt einen Bundesparteitagsbeschluss, und solange der aufrecht ist, kann es keine Koalition geben."

Prammer: Vollkommen unnötig

SPÖ-Vizechefin Prammer bezeichnete die Äußerungen ihres Parteifreundes als vollkommen entbehrlich. "Undifferenzierte Schuldzuweisungen sind die völlig falsche Reaktion auf das Ergebnis der EU-Wahl am vergangenen Sonntag", kritisierte die Nationalratspräsidentin in einer Aussendung.

Ablehnung einer Koalition mit FPÖ

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos warf seinem Landsmann vor, sich auf Kosten der eigenen Partei in der Öffentlichkeit profilieren zu wollen. Dies sei kein besonders guter Stil. Er bezeichnete Rezars Aussagen als Fehlanalysen, die in keinster Weise nachvollziehbar sind.

Die FPÖ habe nach wie vor ein massives Problem damit, sich klar vom rechten Rand abzugrenzen, sagte Darabos zu einer möglichen Koalition der Sozialdemokraten mit den Freiheitlichen. Es sei das Verdienst von Kanzler Faymann, dass die SPÖ eine klare Haltung zur FPÖ habe, "und es gibt überhaupt keinen Grund, diesen Grundsatz über Bord zu werfen. Diese antifaschistische Position ist Konsens in unserer Bewegung."

Auch SPÖ-Klubchef Schieder verteidigte Faymann. "Das bringt uns nicht weiter", sagte er vor dem Ministerrat am Dienstag. Der Klub werde den Sommer nutzen, um das Wahlergebnis zu analysieren und landauf, landab die Diskussion "über Europa und die entscheidenden politischen Fragen" weiterzuführen

"Nicht nachgedacht"

Kanzleramtsminister Ostermayer wies Rezars Aussagen ebenfalls zurück. Der Faymann-Vertraute sagte am Montagabend im ORF-"Report", dass es gerade die FPÖ gewesen sei, die im Nationalrat einen Antrag zur Steuerreform nicht mitgetragen habe. Außerdem gebe es einen aufrechten Parteitagsbeschluss gegen die Zusammenarbeit der SPÖ mit der FPÖ. "Es ist entweder nicht nachgedacht worden, oder man hat bewusst etwas gesagt, um medial vorzukommen", sagte Ostermayer an die Adresse seines burgenländischen Landsmanns.

Die SPÖ hatte bei der Europawahl ihr erklärtes Ziel, stimmenstärkste Partei zu werden, klar verfehlt. Diesbezügliche Hoffnungen knüpften sich insbesondere an die Kandidatur des bekannten Fernsehjournalisten Eugen Freund, der aber im Wahlkampf nicht besonders trittsicher war. (APA, 27.5.2014)