Vatikanstadt - Papst Franziskus hat auf dem Rückweg seiner dreitägigen Nahostreise sexuellen Missbrauch in der Kirche als schweres Verbrechen verurteilt. "Ein Priester, der so etwas tut, begeht Verrat am Leib des Herrn. Es ist wie eine satanische Messe", sagte das Kirchenoberhaupt im Flugzeug von Tel Aviv nach Rom vor Journalisten.
Die Kirche begegne diesem Problem mit null Toleranz: Geistliche müssen die Kinder zur Heiligkeit bringen. "Stattdessen missbrauchen sie die Kinder, die ihnen vertrauen, und verursachen ein Trauma, das ein ganzes Leben anhält. Das ist äußerst schwerwiegend", erklärte der Papst.
"Keine Privilegien"
Ein Bischof sei bereits wegen Missbrauchs verurteilt worden, gegen weitere zwei seien Ermittlungen im Gang. Für die Angeklagten gebe es "keinerlei Privilegien". Franziskus kündigte für die kommende Woche im vatikanischen Gästehaus Santa Marta eine gemeinsame Messfeier mit acht Missbrauchsopfern aus England, Irland und Deutschland an. Nach der Messe werde er die Betroffenen zu privaten Gesprächen treffen, um mehr über ihren Leidensweg zu erfahren, kündigte der Papst an.
In seiner Rede über einige kontroverse Themen in der katholischen Kirche verteidigte Franziskus den Zölibat. Verheiratete Priester gebe es in den zur katholischen Kirche gehörenden Ostkirchen, und dies sei ein Reichtum. Unverheiratete Priester seien jedoch ein Geschenk an die Kirche, das er schätze. Der Zölibat sei kein Dogma, und die Türe stehe offen für eine Diskussion. Das Thema sei allerdings derzeit für die Kirche nicht vordringlich.
Zölibat als "schmerzhafte Erfahrung"
Der Papst hatte letzte Woche einen Brief von 26 italienischen Frauen erhalten, die in Verhältnissen mit Priestern leben. In dem Schreiben berichteten sie über ihre "schmerzhafte Erfahrung" und ersuchten den Papst um eine Lockerung des Zölibats. Gleichzeitig baten sie Franziskus um eine Begegnung.
Auch die emeritierten Päpste gehörten zu den vom Kirchenoberhaupt angesprochenen Themen im Flugzeug. Benedikt XVI. habe mit seiner Entscheidung ein Zeichen für kommende Päpste gesetzt: "Er hat eine Tür geöffnet für emeritierte Päpste, die es bisher nicht gegeben hat." Für sich selbst wollte Franziskus einen Rücktritt nicht ausschließen, wenn er fühle, dass seine Kräfte schwinden: "Ich glaube, dass Benedikt kein Einzelfall bleiben wird."
Für Jänner kündigte der Papst einen Besuch in der vom Taifun verwüsteten Region der Philippinen an. Demnach will sich Franziskus Anfang 2015 zunächst zwei Tage in Sri Lanka aufhalten und dann für vier Tage in den von der schweren Naturkatastrophe betroffenen Inselstaat weiterreisen. Auch in diesem Jahr steht eine Asienreise auf dem Programm. Im August nimmt er in Südkorea am asiatischen Jugendtag teil. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 28.5.2014)