Ein Hauch jenes Gemeinschaftsgefühls, das es in Teilen der Seestadt Aspern einmal geben soll, weht schon bei der Informationsveranstaltung der Baugruppe LiSA in der Donaustadt durch den Raum: Das bunt gemischte Publikum kommt sich bei Limonade und Knabbergebäck schon vor der Vorstellrunde näher. Schnell wird klar: Hier ist man per du.
Der Verein LiSA ("Leben in der Seestadt Aspern") ist eine von fünf Baugruppen, die auf dem Baufeld D 13 in der Seestadt Aspern ihre Wohnprojekte verwirklichen. Der als Wohnheim deklarierte und von den Architekten Wimmer & Partner entworfene Bau von LiSA soll rund 50 Wohneinheiten und zahlreiche Gemeinschaftsbereiche beherbergen.
Gruppe stimmt über Neumitglieder ab
Während bei den anderen Baugruppen schon gebaut wird, hat sich der Spatenstich bei LiSA verzögert, weil die Kostenvoranschläge das Budget sprengten. Adaptionen mussten her - das Gesamtbild hat sich laut Brigitte Hein vom Verein LiSA aber nicht verändert. Seit einer Woche gibt es eine Einigung. "Eigentlich ist es uns gelungen, die Projektkalkulation zu halten", so Hein. Im Juli soll es nun wirklich losgehen, Ende nächsten Jahres will die Baugruppe einziehen. Rund 60 Prozent der Wohneinheiten sind momentan vergeben.
Zukünftige Bewohner werden sorgfältig ausgesucht: Bei den alle paar Wochen stattfindenden Informationsveranstaltungen - die nächste ist am 15. Juni in der Sargfabrik - interessieren sich laut Hein immer drei bis fünf Besucher dafür. Über ihre Aufnahme stimmt nach einem Kennenlernen die Vollversammlung ab - 1000 Euro Vereinsgebühr sind dann einmalig zu entrichten sowie 25 Euro monatlich.
Keine Anonymität
An diesem Abend sind etwa 25 Leute anwesend. Als noch einige Nachzügler eintrudeln, gehen im relativ engen Büro, das die Grünen in der Donaustadt zur Verfügung stellten, die Sessel aus. Auf einem Sofa im hinteren Ende des Raumes finden dann aber alle Platz. Bevor es mit der Veranstaltung losgeht, stellen sich alle Anwesenden vor.
Ein Grundkonsens ist schnell gefunden - so ziemlich allen Interessenten geht es um die Gemeinschaft: "Das anonyme Miethausmodell, in dem man nach zwei Jahren die Nachbarn noch immer nicht kennt, ist nichts für uns", erzählt etwa Steffi, eine junge Frau mit Kurzhaarschnitt und Hornbrille, die sich mit ihrem Freund bereits eine Wohnung reserviert hat.
Eine alleinstehende Dame aus dem sechsten Bezirk fühlt sich an ihre Wohngemeinschaftserlebnisse in den 1960er-Jahren zurückerinnert. Und ein älteres Ehepaar erzählt lachend, dass Freunde geraten hätten, "wir sollten uns lieber beim Altersheim anmelden". Stattdessen überlegen die beiden, es mit LiSA zu versuchen. Auch der ökologische Aspekt und das Versprechen, naturnah zu leben, spricht viele an.
9,15 Euro Miete pro m² und Monat
Das Projekt wird durch die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Schwarzatal vorfinanziert. 589 Euro pro Quadratmeter sind von den Bewohnern vorab als Eigenmittel aufzubringen, 9,15 Euro Miete pro Quadratmeter kommen später monatlich auf die Bewohner zu.
Wer bloß auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf ist, ist an der falschen Adresse: "LiSA ist mehr als Wohnen", sagt Hein zu Beginn der Veranstaltung. "Wir wollen nicht, dass sich jemand eine Mauer baut." Die Architektur ist geprägt davon, etwa durch verglaste Eingangsbereiche der Wohnungen und insgesamt 800 Quadratmeter Gemeinschaftsflächen.
Alles im Konsens
Vereinsmitglieder haben volles Mitspracherecht - und müssen dafür auch viel Zeit übrighaben, denn LiSA arbeitet konsensorientiert: In der Planungsphase durfte es kein Veto bei Entscheidungen geben. Die Wahl des Dämmmaterials soll so für abendfüllende Diskussionen gesorgt haben.
Auch die nun notwendigen Änderungen wurden ausführlich debattiert, so Hein - bis man sich schließlich einigte: "Das ist für uns ein Beweis, dass wir durch dick und dünn gehen können." (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 24.5.2014)