Maximilian Kasy führt eine Doppelexistenz. Derzeit forscht er in Harvard, mittelfristig will er zurück nach Österreich.

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"Ich führe seit acht Jahren eine Doppelexistenz", sagt Maximilian Kasy. Er ist seit 2012 Assistenzprofessor am Department of Economics der Harvard-Universität in Cambridge, Massachusetts.

Seine Bilderbuchkarriere führte den 32-Jährigen nach einem Magister in Volkswirtschaft und Mathematik an der Universität Wien in einem ersten Schritt nach Berkeley in Kalifornien, wo er 2008 mit einem M.A. in Statistik und 2011 mit einem Ph.D. in  Volkswirtschaft abschloss. Von 2011 bis 2012 war er Assistenzprofessor am Department of Economics der UCLA, bevor er nach Harvard wechselte.

Kein konstantes soziales Umfeld

"Ich war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort", meint er bescheiden. Nach Österreich kommt er nur rund zweimal im Jahr, dafür immerhin für insgesamt drei Monate, wenn seine Forschungstätigkeit es erlaubt. Der Preis der Karriere: "Ich habe kein konstantes soziales Umfeld, bin auch in den USA schon dreimal umgezogen." Die Lebensgefährtin, sie schreibt gerade ihre Dissertation, kann und will sich – noch – nach ihm richten und einen Teil des Jahres in den USA verbringen.

Sein Blick auf das österreichische Universitätssystem ist nicht unkritisch, dabei sieht er aber drei wichtige Bereiche, die ohne großen finanziellen Aufwand verbessert werden könnten: "Harvard hat natürlich viel mehr Geld, aber abgesehen davon gibt es eine Kultur der Motivation. Wenn zum Beispiel ein Gastprofessor kommt, wird echtes Interesse an dessen Forschung gezeigt, und man tauscht sich aus. Das ist in Österreich leider oft nicht der Fall."

Zu wenig klare Perspektiven in Österreich

Weiters nennt er eine "bessere Nachwuchsrekrutierung". Der Standort Wien etwa sei für viele Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen durchaus attraktiv, es werde aber zu wenig aktiv um Forscher geworben. Als dritten Punkt nennt er "klare Perspektiven": "Es kann nicht sein, dass man alle zwei Jahre um den Job zittern muss." Als positives Beispiel bringt er – wie schon andere Kolleginnen und Kollegen vor ihm im Braindrain-Blog – das angloamerikanische Tenure-Track-System.

"Natürlich sind die Universitäten in Österreich Massenuniversitäten und haben andere Aufgaben als eine hochdotierte private Forschungseinrichtung wie Harvard", sagt Kasy. Eine gute Mischung aus öffentlicher Massen-Uni und Forschungsstätte ist für ihn die UC Berkeley mit ihren knapp 40.000 Studierenden.

Mittelfristig zurück nach Österreich

Das mittelfristige Ziel lautet trotz der tollen Arbeitsbedingungen in Harvard: zurück nach Österreich. "Mein Vertrag ist auf acht Jahre befristet, irgendwo nach Midwest, wie das manche Kollegen tun, ziehe ich sicher nicht." Weitere Argumente für Österreich: die Krankenversicherung, die öffentlichen Verkehrsmittel, das Kaffeehaus.

Den Kontakt hält er unter anderem durch eine Juniorprofessur am Institut für Höhere Studien in Wien. Daneben engagiert er sich wie zuletzt im Herbst 2013 mit dem digitalen Vermögensrechner binichreich.at, der die Auswirkungen einer potenziellen Vermögenssteuer in Österreich auf jede und jeden Einzelnen verständlich macht, auch gesellschaftpolitisch. Außerdem schreibt er einen Blog für die Grüne Bildungswerkstatt. Er betont aber: "Ich bin bei keiner Partei." (Tanja Paar, derStandard.at, 29.5.2014)