Bild nicht mehr verfügbar.

In der möglichen Fraktion der Rechtsextremen in Straßburg dreht sich alles um die Chefin des französischen Front National: Marine Le Pen. Abgeordnete von Lega Nord, FPÖ (Harald Vilimsky, 2. v. li.), von der NL-Freiheitspartei (Geert Wilders) und dem belgischen Vlaams Belang sind in Position. Foto: EPA/Warnard

Foto: EPA/JULIEN WARNAND

Anfang Juli konstituiert sich das EU-Parlament nach den Wahlen am Wochenende neu. Bis dahin müssen sich die Abgeordneten entscheiden, welcher Fraktion sie angehören. Besonders hart umkämpft sind die Mandate im Lager der EU-Skeptiker im rechten Lager.

Im Lager der rechtsextremen und populistischen Parteien, die in unterschiedlicher Intensität auf eine Anti-EU-Haltung, aber alle auf eine Stärkung des Nationalismus setzen, zeichnete sich drei Tage nach den Europawahlen ein Wettrennen um die Bildung von eigenen Fraktionen im künftigen Parlament in Straßburg ab. Eine Fraktion bringt den Vorteil, dass die Abgeordneten mehr Einfluss und mehr Geld bekommen, zusätzliches Personal und Büros.

Im Zentrum des Ringens stehen dabei die Chefin des französischen Front National (FN), Marine Le Pen, und der Anführer der britischen Unabhängigkeitspartei (Ukip), Nigel Farage. Beide konnten nach den Wahlen am Sonntag überraschend große Erfolge vorweisen und jeweils Platz eins erringen, indem sie die etablierten Parteien verdrängten. Im neuen Parlament sind FN wie auch Ukip mit je 24 Abgeordneten vertreten.

Sie schafften es also leicht, die erforderliche Mindestzahl von 25 Abgeordneten für eine Fraktion zu finden. Aber diese müssen auch aus mindestens sieben EU-Staaten kommen - was vor allem für Le Pen zum Problem werden könnte. Wegen der starken Zersplitterung des rechten und rechtsextremen Lagers sowie der widersprüchlichen nationalen Interessen sind Zusammenschlüsse heikel. Mehrere Rechtsfraktionen in Straßburg sind seit 1984 immer wieder zerbrochen.

Denn gemäßigte EU-skeptische Konservative wie die britischen Tories oder die polnische Nationalpartei PiS oder eine tschechische Gruppe scheiden als Partner für beide - den FN wie auch die Ukip - von vornherein aus. Sie werden mit 46 EU-Abgeordneten eine eigene Fraktion der "Konservativen und Reformisten" bilden.

Viele freie Mandate

Bleiben neben den Abgeordneten, die schon bisher der Farage-Fraktion angehörten, rund 100 Mandatare, die am Sonntag gewählt wurden, bisher fraktionslos waren oder noch nicht einem Lager - auch dem Linken - zugeordnet werden können.

Um sie wird gekämpft. Le Pen präsentierte sich am Mittwoch mit weiteren vier Parteien - der FPÖ mit Harald Vilimsky, der niederländischen Freiheitspartei von Geert Wilders, dem belgischen Vlaams Belang (VB) und der Lega Nord aus Italien. Diese haben sich auf ein Bündnis geeinigt, das auf eine Rückkehr zu mehr nationaler Politik, auf Zerschlagung des Euro und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen drängen will.

FN-Chefin Le Pen musste aber einräumen, dass zwei Parteien, mit denen man bisher gerechnet hat, nicht zur Verfügung stehen: Die slowakischen Nationalisten verpassten den Einzug ins Parlament. Und die Schwedendemokraten wollen sich nun Farage anschließen. Dennoch ist Le Pen optimistisch, dass sie ausreichend Partner finden wird. Eine Kooperation mit der rechtsextremistischen ungarischen Jobbik und der griechischen Goldenen Morgenröte schloss sie aus.

Ukip-Chef Farage scheint die besseren Karten zu haben. Er traf sich in Brüssel mit Beppo Grillo, dem Chef der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung, die auf 17 EU-Mandate kam. Ob der Deal klappt, ist offen. Sicher ist, dass die dänische Nationalpartei, die die Wahlen gewann, bei Farage mitmacht, ebenso die Schwedendemokraten. Diese Fraktion "Freiheit und Demokratie" von Farage könnte die Linksfraktion und die Grünen größenmäßig überholen.  (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 30.5.2014)