Kabul/Washington - Nach der Freilassung von fünf Taliban-Häftlingen aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo im Austausch für einen entführten US-Soldaten hofft die afghanische Regierung darauf, nun rasch Friedensverhandlungen mit den Islamisten aufnehmen zu können. Der Austausch zeige, dass alle Seiten bereit seien, Friedensgespräche "in naher Zukunft" zu beginnen, so Ismail Kasimyar vom Hohen Friedensrat am Sonntag.

"Wir sind sehr optimistisch, dass die Freilassung dieser hochrangigen Taliban-Mitglieder den Friedensprozess voranbringen wird", erklärte Kasimyar. Der Hohe Friedensrat soll im Auftrag des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai Friedensverhandlungen mit den radikalislamischen Taliban führen.

Auch US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hofft auf ein Ende des Konflikts mit den afghanischen Rebellen. Der Austausch könne möglicherweise eine "neue Brücke für neue Verhandlungen" sein, sagte Hagel vor Journalisten auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan. "Ob das zu einem neuen Durchbruch mit den Taliban führen kann, weiß ich nicht. Hoffentlich wird es das", sagte Hagel.

Taliban-Sprecher: Kein politischer Vorgang

Ein Taliban-Sprecher warnte dagegen davor, zu viel in die Freilassung der Guantanamo-Häftlinge hineinzuinterpretieren. Es habe sich lediglich um "einen Austausch von Kriegsgefangenen" gehandelt, sagte der Sprecher Sabihullah Mujahid. Es handle sich nicht um einen "politischen" Vorgang, "es wurde nicht für den Friedensprozess gemacht".

Der Soldat Bowe Bergdahl war Ende Juni 2009 aus einem US-Militärstützpunkt nahe der afghanischen Grenze zu Pakistan verschwunden. Später teilten die Taliban mit, sie hätten Bergdahl entführt. Verhandlungen zur Freilassung des heute 28-jährigen Soldaten scheiterten mehrfach, stattdessen tauchte er wiederholt in Propagandavideos der Aufständischen auf. Am Samstag informierte US-Präsident Barack Obama die Eltern persönlich am Telefon über die Freilassung. Am Abend traten beide Eltern gemeinsam mit dem Präsidenten im Weißen Haus vor die Presse.

Bei den fünf freigelassenen Häftlingen handelt es sich um ehemals hochrangige Taliban-Mitglieder. Unter ihnen sind der einst als Taliban-Innenminister festgenommene Chairullah Chairchwa sowie ein Vize-Verteidigungsminister und stellvertretender Geheimdienstchef der 2001 gestürzten Taliban-Regierung. In einer ersten Reaktion hatten die Islamisten ihre Überstellung aus Guantanamo nach Katar "mit großer Freude" quittiert. (APA, 1.6.2014)