Moskau - Wer sich zuerst bewegt, hat verloren - diese an das japanische Mikado erinnernde Regel dominiert derzeit die russisch-ukrainischen Gasverhandlungen. Am Montag kommt es in Berlin zu einer neuen Gesprächsrunde. Die anfänglichen Hoffnungen auf eine von der EU vermittelte Einigung zwischen den beiden Streithähnen sind jedoch deutlich geschrumpft.

Die Ausgangspositionen Kiews und Moskaus haben sich seit Verhandlungsbeginn nicht groß verändert: Die Ukraine ist bereit, den für das erste Quartal gültigen Gaspreis von 268 Dollar (196,5 Euro) pro 1000 Kubikmeter zu bezahlen, Moskau fordert seit dem 1. April 485 Dollar. Gasprom ist theoretisch bereit, über künftige Rabatte für Kiew zu verhandeln, fordert allerdings zuvor die zumindest teilweise Bezahlung der Schulden. Laut Moskau waren das Ende April 3,5 Milliarden Dollar, Ende Mai bereits 5,2 Milliarden.

Erste Anzahlung

Die ukrainische Naftogas wiederum will erst den Rabatt aushandeln, ehe sie ernsthaft mit der Schuldentilgung beginnt. Zwar hat die Ukraine laut Energieminister Juri Prodan am Freitag tatsächlich eine erste Rate überwiesen, doch die 786 Millionen Dollar liegen weit unter der geforderten Anzahlung von zwei Milliarden Dollar.

Die Schuldenzahlung wird nicht nur als Druckmittel in den Verhandlungen herausgeschoben, sondern auch weil Kiew die neuen Konditionen ab April, nachdem alle Rabatte gestrichen wurden, nicht anerkannt hat, und es Streit um die genaue Schuldensumme gibt. Zuletzt verschärfte Naftogas diesen noch, indem auch der zuvor akzeptierte Preis für November und Dezember 2013 infrage gestellt wurde.

Abschaltung droht

Gasprom liefere rechtzeitig und ausreichend, doch im letzten Halbjahr "haben wir nicht einen Dollar gesehen", klagte Konzernchef Alexej Miller. Gasprom will deshalb die Gaslieferungen an die Ukraine auf Vorkasse umstellen. Sollte nicht rechtzeitig für Juni bezahlt werden, droht der Konzern, am 3. Juni den Gashahn zuzudrehen, was zu Problemen beim Gastransit nach Europa führen kann.

Experten sehen die Positionen dabei gar nicht so weit voneinander entfernt. Am Ende könnte ein Preis um die 330 Dollar für die Ukraine herausspringen - oder eben ein Lieferstopp. (ab, DER STANDARD, 2.6.2014)