Wien - Seit dem Sieg von Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest eile Österreich ein Ruf der Toleranz voraus, meint Grünen-Nationalratsabgeordnete Alev Korun: "Aber im Nationalrat ist davon noch nichts zu bemerken."

So etwa in Sachen Gleichbehandlungsgesetz, welches Angehörigen benachteiligter und vorurteilsbehafteter Gruppen im Fall erlebter Diskriminierung die Möglichkeit eröffnet, sich rechtlich zur Wehr zu setzen. Seit nunmehr bald vier Jahren harre dieses EU-Gleichbehandlungsrichtlinien folgende Regelwerk einer Novellierung, denn derzeit schütze es nicht alle Diskriminierten gleichermaßen: Während unfaire Benachteiligung von Mann und Frau oder aus ethnischen Gründen sowohl im Job- als auch im Dienstleistunsgbereich mit Strafe belegt ist, ist Diskriminierung bei Dienstleistungen wegen sexueller Orientierung, wegen des Alters sowie aus Gründen der Weltanschauung und Religion weiterhin ganz legal.

"Nicht mehr vermittelbar"

Eine Folge davon sei etwa, "dass Lesben und Schwule folgenlos mit dem Argument als Mieter abgelehnt werden können, es handle sich bei ihnen um Homosexuelle - und sie können sich dagegen nicht wehren", verdeutlicht Korun. Diese Härte sei "den meisten Österreicherinnen und Österreichern nicht mehr vermittelbar" - weshalb die grüne Integrationssprecherin zusammen mit ihrer Parteikollegin, der grünen Sozialsprecherin Judith Schwentner, vor wenigen Tagen im Nationalrat einen Entschließungsantrag eingebracht haben.

Der Nationalrat solle die Bundesregierung auffordern, eine Regierungsvorlage vorzulegen, um die unterschiedlichen Schutzstandards durch sogenanntes Levelling-up einander anzugleichen, heißt es darin. "Ähnliche Entschließungsanträge haben die Grünen bereits mehrmals eingebracht", schildert Korun, "aber die Zeit arbeitet für uns."

Widerstand der ÖVP

Damit spielt sie auf die lange und konflikthafte Geschichte der Gleichbehandlungsgesetz-Novellierungsversuche an: Zweimal - im Jänner 2011 und im Mai 2013 - setzte die SPÖ-ÖVP-Koalitionsregierung zum Levelling-up an: Jedes Mal scheiterte dieses Vorhaben an Widerstand innerhalb der ÖVP. 2013 sogar, nachdem bereits der Ministerrat das Okay zur Schutzniveau-Angleichung gegeben hatte: "Das ist im Grunde völlig unverständlich", heißt es dazu im Büro von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ).

Nach Conchita Wursts Kopenhagener Triumph hatte diese zum "dritten Anlauf für das Levelling-up" geblasen. Das scheiterte am Einspruch ÖVP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelms. In der Folge regte sich ÖVP-intern Protest gegen Schittenhelms Nein, welches die Grüne Korun als "Rückzugsgefecht" interpretiert. (Irene Brickner, DER STANDARD, 2.6.2014)