Die bis jetzt älteste Hose der Welt. Man beachte den weiten Schnitt im Schritt, der das Beinkleid zur idealen Reiterhose machte.

Foto: Mayke Wagner, DAI Peking

Berlin/Wien - Das, was Ötzis Beine bekleidete, war im engeren Sinn keine Hose - wenn man darunter ein einteiliges Kleidungsstück versteht, das auch den Beckenbereich komplett umhüllt. Genau so etwas hat ein deutsch-chinesisches Forscherteam in Gräbern bei Turfan in Westchina entdeckt: 3.200 Jahre alte Beinkleider aus Wolle.

Wie die Archäologen um Mayke Wagner (Deutsches Archäologisches Institut Berlin) im Fachblatt “Quaternary International” schreiben, bestehen die bislang ältesten je gefundenen Hosen aus drei Teilen, zwei Beinstücken und einem gestuften Zwickelteil, die separat auf einem Webstuhl hergestellt wurden. Die Teile wurden mit großer Weite im Schritt zusammengenäht: Die Beinkleider sind zum Gehen eher unangenehm, wie die Forscher testeten, aber ideal zum Reiten, da sie das seitliche Spreizen der Beine ermöglichen.

Dass die Hosen zur Fortbewegung auf Pferden getragen wurden, scheint gleich aus mehreren Gründen wahrscheinlich: Vor etwas mehr als 3.000 Jahren tauchten in den Steppen Eurasiens die ersten Krieger zu Pferde auf. Außerdem hatte man den Hosen-Trägern Zaumzeug und die typischen Waffen von Reiterkriegern mit ins Grab gelegt.

Damit bestätigen die Forscher die Vermutung, dass die Entwicklung des Hosenschnittes eng mit dem Beginn des Reitens verbunden war und dabei "maximale Bewegungsfreiheit mit optimalem Körperschutz“ verband, wie die Archäologen schreiben. Dieser Körperschutz war in der eher unwirtlichen Umgebung durchaus nötig: Die Temperaturen schwanken in der Steppe zwischen bis zu 50 Grad Celsius im Sommer und minus 30 Grad im Winter.

Bei aller Funktionalität kam aber auch der modische Aspekt nicht zu kurz: Die Hosen, die das Wissenschaftsjournal "New Scientist" mit jenen weit geschnittenen Hosenkreationen verglich, die Justin Bieber zuletzt trug, hatten eine aparte Musterung. "Bei der Kleidung ging es schon damals um Stil und Erscheinung“, sagt Mayke Wagner, "nicht nur um ihre Funktion“. (tasch, derStandard.at, 3.6.2014)