Wien/Traiskirchen - Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Mittwoch dem derzeit stark belegten Asyl-Erstaufnahmezentrum Traiskirchen einen Besuch abgestattet. Obwohl die eigentlich vereinbarte Zahl an unterzubringenden Flüchtlingen bei weitem überschritten wird, meinte die Ressortchefin im Anschluss gegenüber der APA, dass eine menschenwürdige Versorgung garantiert sei.

Eigentlich sollten sich gemäß einer Vereinbarung zwischen Bund und Land Niederösterreich in der Erstaufnahmestelle nicht mehr als 480 Flüchtlinge aufhalten. Tatsächlich waren es zuletzt aber über 1.300, was Mikl-Leitner einerseits auf den anhaltenden Zustrom aus dem Bürgerkriegsland Syrien, andererseits auf die Säumigkeit der Länder bei der Bereitstellung von Quartieren zurückführt.

Appell an Länder

Versprechungen konnte sie Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) in einem Gespräch nach dem Besuch der Erstaufnahmestelle nicht machen. Die Ministerin betonte zwar, die Sorge des Stadtchefs natürlich zu verstehen. Nötig seien aber Bemühungen der Länder, die derzeit mit Ausnahme Wiens und Niederösterreich die vorgegebene Betreuungsquote nicht erfüllen.

Mikl-Leitner appellierte daher an die Landeshauptleute und Gemeinden, weitere Quartiere zur Verfügung zu stellen. Immerhin hatte Tirol, das allerdings von der Quotenerfüllung zuletzt am Weitesten entfernt war, zuletzt Bereitschaft gezeigt, schrittweise 100 zusätzliche Plätze zu schaffen. Die Ministerin glaubt, dass auch die anderen Länder entsprechende Bemühungen zeigen. Sanktionsdrohungen vermied sie.

"Symbol gescheiterter Asylpolitik"

Traiskirchens Bürgermeister Babler will freilich Mikl-Leitner nicht aus der Verantwortung entlassen. Denn der Bund könne auch selbst aktiv werden und solle sich nicht immer nur auf die Länder ausreden. Auch im Bereich der Innenministerin direkt gebe es genug Einrichtungen wie aufgelassene Polizeistellen, wo man Flüchtlinge unterbringen könnte.

Ein Flüchtlingslager wie jenes in Traiskirchen ist für den Stadtchef ohnehin "Symbol der gescheiterten Asylpolitik". Babler lehnt "Massenlager" ab. Selbst die zwischen Land und Bund vereinbarten knapp 500 Plätze sind ihm deutlich zu viel. Ginge es nach dem Bürgermeister, sollten zusätzliche kleinere Erstaufnahmezentren neben Traiskirchen und Thalham (Oberösterreich) errichtet und die Asylwerber grundsätzlich in kleinen Gruppen in Gemeinden untergebracht werden.

Dann würden sich auch die Bürgermeister nicht wehren, ist Babler überzeugt. Wenn die Politik Flüchtlinge aber weiter als Belastung schildere und immer Bilder wie jene vom Massenlager Traiskirchen im Vordergrund stünden, werde sich an der mangelnden Bereitschaft, Quartiere zur Verfügung zu stellen, nichts ändern.

Starke Überbelegung

In der lokalen Erstaufnahmestelle sei die Grenze der Zumutbarkeit jedenfalls weit überschritten. Es sei angesichts der starken Belegung nur noch eine Frage von Stunden, bis gefährliche Situationen entstehen könnten. Babler hat sich deshalb auch an die Volksanwaltschaft gewandt. Dort ist bereits ein Prüfverfahren in Einleitung begriffen, wurde der APA am Mittwoch bestätigt. Entsprechende Anfragen wurden an das Innenministerium gestellt. Zuständig für die Prüfung ist Volksanwalt Peter Fichtenbauer.

Mikl-Leitner wiederum zeigte sich nach ihrem Lokalaugenschein davon überzeugt, dass die Betreuung funktioniere. Trotz des hohen Belagsstandes sei eine menschenwürdige Versorgung gewährleistet. (APA, 4.6.2014)