Juni 1989: Drei Monate vor der Grenzöffnung durchschneidet Alois Mock mit seinem ungarischen Amtskollegen Gyula Horn den Eisernen Vorhang.

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Der "Mr. Europa" der ÖVP gilt als einer der Väter der österreichischen EU-Mitgliedschaft. Mock war Außenminister von 1987 bis 1995 und stand zehn Jahre lang an der Spitze der ÖVP. Den bereits sicher geglaubten Sprung ins Kanzleramt haben ihm die Wähler 1986 verbaut.

EU-Beitritt als persönlicher Triumph

Aus der Politik verabschiedet hat sich der von einer Parkinson-Erkrankung gezeichnete Mock bereits 1999. Dennoch ist der langjährige ÖVP-Politiker der Öffentlichkeit in Erinnerung geblieben wie wenige andere - etwa mit dem symbolträchtigen Bild vom Schnitt durch den Eisernen Vorhang gemeinsam mit Ungarns Außenminister Gyula Horn drei Monate vor der Grenzöffnung im Juni 1989. Oder mit dem berühmten "Busserl", das der damalige ÖVP-Außenminister beim Abschluss der EU-Beitrittsverhandlungen Anfang März 1994 der verdutzten SP-Europastaatssekretärin Brigitte Ederer auf die Wange drückte. Trotz seiner Erkrankung tritt Mock nach wie vor in der Öffentlichkeit auf - zuletzt beim Europa-Wahlkampfauftakt der ÖVP.

Der EU-Beitritt war für Mock auch ein später persönlicher Triumph: 1989 hatte der Außenminister das österreichische Beitrittsgesuch eingebracht, nach seiner Rückkehr von der letzten Verhandlungsrunde stilisierte ihn die ÖVP zum "Helden von Brüssel". Am 12. Juni 1994, zwei Tage nach Mocks 60. Geburtstag, votierten bei einer Volksabstimmung zwei Drittel der Österreicher für die EU-Mitgliedschaft - der zweifellos größte Erfolg in der 30-jährigen Politkarriere des Niederösterreichers, in der Sieg und Niederlage oft nur knapp nebeneinanderlagen.

Unterrichtsminister in letzter ÖVP-Alleinregierung

Seinen Einstieg in die Politik verdankte der am 10. Juni 1934 im niederösterreichischen Euratsfeld geborene Mock Josef Klaus. Der Kanzler der letzten ÖVP-Alleinregierung von 1966 bis 1970 holte den jungen Juristen von der österreichischen OECD-Vertretung in Paris nach Wien und machte ihn zu seinem Büroleiter. 1969 installierte Klaus den nur 35-Jährigen als Unterrichtsminister und bis dahin jüngstes Regierungsmitglied der Zweiten Republik. Kein dreiviertel Jahr später der erste Karriereknick: Der Erdrutschsieg der SPÖ unter Bruno Kreisky am 1. März 1970 verbannte die machtverwöhnte ÖVP auf die Oppositionsbank und mit ihr auch die politische Nachwuchshoffnung Mock.

Die schwere Wahlniederlage der ÖVP 1979 brachte dem mittlerweile zum ÖAAB-Obmann (1971) und ÖVP-Klubchef (1978) aufgestiegen Mock den Sprung an die Parteispitze und die Chance zum langersehnten Machtwechsel nach einem Jahrzehnt roter Alleinregierung.

Parteispenden-Affäre und Volksbegehren

Einen kleinen Dämpfer verpasste Mock zwar die Bela Rabelbauer-Parteispenden-Affäre, aus der er aber ohne gröberen Schaden hervorging. Gemeinsam mit Generalsekretär Michael Graff initiierte Mock das nach wie vor erfolgreichste Volksbegehren gegen das Wiener Konferenzzentrum (1,36 Mio. Unterschriften), brach 1983 die Absolute der SPÖ und setzte 1986 Kurt Waldheim gegen alle Angriffe als Bundespräsidenten durch.

Für die nächste Nationalratswahl gaben die Umfragen der ÖVP gute Chancen, wieder Nummer Eins zu werden - mit Mock als Bundeskanzler. Doch der 23. November 1986 bescherte dem VP-Chef seine bitterste Niederalge: Der Traum vom Machtwechsel zerschellte an der FPÖ, die ihren Stimmenanteil fast verdoppelte, und an den erstmals ins Parlament einziehenden Grünen. Die SPÖ blieb trotz deutlicher Verluste stärkste Partei. Die TV-Bilder des Wahlabends sprechen Bände: Ein geschockter und körperlich angeschlagener Mock musste sich vom jugendlichen FP-Chef Jörg Haider ins Bild rücken lassen.

Wunschkoalition mit FPÖ

Mocks Wunschkoalition mit der FPÖ scheiterte am parteiinternen Widerstand. Der ÖVP-Chef fügte sich als Juniorpartner in die Große Koalition und wurde 1989 als Parteichef und Vizekanzler vom ebenfalls glücklosen Josef Riegler abgelöst. Der Traum, den "Irrtum der Geschichte" zu korrigieren und die SPÖ aus dem Kanzleramt zu drängen, war gescheitert. Zwar machte Mock als Außenminister und ÖVP-Ehrenobmann weiter, doch seine Popularität war verblasst. Die mediale Häme über den peinlichen Auftritt in kurzen Hosen während eines Staatsbesuchs in Jordanien und das für viele unverständliche Leugnen seiner immer offensichtlicheren Parkinson-Erkrankung taten das ihre.

Die Hartnäckigkeit und Ausdauer, mit der Mock die EU-Beitrittsverhandlungen und vor allem den mehrtägigen Schlussmarathon zum 1. März 1994 durchstand, rang aber auch politischen Gegnern Respekt und Sympathie ab. Seine innenpolitische Zeit war dennoch abgelaufen: Im Februar 1995 bekannte sich Mock erstmals öffentlich zu seiner Erkrankung. Sein Arzt datierte die ersten Symptome bereits auf 1987. Im Mai räumte der 60-Jährige seinen Platz im Außenministerium für Wolfgang Schüssel, der viereinhalb Jahre später die von Mock schon 1986 angestrebte schwarz-blaue Koalition wagte. Ein Experiment, das Mock von Anfang an verteidigte.

Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Nationalrat 1999 blieb Mock politisch interessiert und erwies sich, begleitet von seiner Frau Edith, mit der er seit 1963 verheiratet ist, als treuer Besucher von Parteiveranstaltungen. (APA, 4.6.2014)