Hamburg - Zwei Wochen nach Monaco und zwei vor dem Österreich-Comeback setzen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel die ständigen technischen Schwierigkeiten an seinem Red-Bull-Boliden zu. "Das nervt natürlich, und es frustriert einen, wenn immerzu wieder ein Problem auftaucht", sagte der Deutsche der Sport Bild. Beim Großen Preis von Monaco war der 26-Jährige zuletzt in seinem 100. Rennen wegen einer gebrochenen Turboladerwelle ausgefallen.
Wechselgedanken hat der WM-Sechste (45 Punkte) trotz der anhaltenden Krise keine. "Nur weil ich mal nicht gewinne, soll ich gleich das Team verlassen? Bullshit! Ich bin nicht ein Teil dieser schnelllebigen Welt", stellte Vettel klar. Dass er nichts zu den Ursachen sagen kann, findet der viermalige Champion schade: "Ich würde manchmal gerne offener reden können, aber dazu müsste ich dann Betriebsgeheimnisse verraten."
Keine Selbstzweifel
Selbstzweifel plagen den viermaligen Champion nicht. "Nichts kann passieren, dass man über den Winter einfach so das Fahren verlernt. In solchen Momenten ist wichtig, dass man sich selbst treu bleibt und weiß, was man kann, und auch genau weiß, was man nicht kann", meint Vettel: "Wenn die Kiste nicht läuft, kann man der beste Fahrer am Lenkrad sein. Siegen kann man trotzdem nicht."
Bis zum kommenden Wochenende dürfte sich daran wohl nichts ändern. Beim Kanada-Grand-Prix am Sonntag kann sich Mercedes wohl nur selbst schlagen. Die Power-Strecke auf der Ile de Notre Dame ist maßgeschneidert für die bärenstarken Silberpfeile, Kapitel sieben im WM-Kampf zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton wird ab 20.00 Uhr MESZ aufgeschlagen. Der nächste Doppelsieg zeichnet sich ab.
Vollgas-Strecke
Denn kaum eine Strecke liegt den Mercedes so wie der Circuit Gilles Villeneuve. Zwar gilt auch Montreal als Stadtrennen, der 4.361 Meter lange Stop-and-Go-Kurs fordert aber vor allem eines, nämlich Leistung. Top-Speed - Mercedes erwartet dank der neuen Hybrid-Turbo-Antriebe 340 bis 350 km/h auf den langen Vollgaspassagen - sowie extrem hartes Bremsen sind hier die Parameter. Überholen ist im Gegensatz zu Monaco sehr gut möglich, vor allem in den beiden DRS-Zonen.
80 Jahre nach der Geburt der legendären Silberpfeile im Jahr 1934 kann Mercedes wieder Geschichte schreiben. Man hat die ersten sechs Saisonrennen gewonnen und nur das erste wegen des Ausfalls von Lewis Hamilton in Australien nicht als Doppelsieg abgefeiert. Rosberg führt nach einem WM-Drittel der 19 Läufe umfassenden WM 2014 mit 122 Punkten und vier Zählern Vorsprung auf seinen Teamkollegen Hamilton (118) sowie überlegen vor dem von Ferrari-Star Fernando Alonso (61) angeführten Rest.
Silberpfeil-Fehde
Die aufgestaute Rivalität zwischen den beiden Mercedes-Fahrern brachte zuletzt etwas Salz in die Suppe. Rosberg hat das erste und sechste Rennen gewonnen, Hamilton dazwischen vier Mal in Folge gesiegt. Nach Kanada flogen beide hoch motiviert und bereit für das nächste Scharmützel. Hamilton hat hier 2007 seinen ersten GP-Sieg gefeiert, Rosberg kommt mit dem Rückenwind des Monaco-Sieges nach Montreal.
Die an der Riviera aufgebrochene Fehde wurde zumindest nach außen hin schnell wieder gekittet. Ex-Weltmeister Niki Lauda nahm seine "Aufsichtspflicht" sehr genau. Die beiden Monaco-Nachbarn sind angeblich wieder Kumpels, wie Hamilton vor Kanada per Twitter versicherte. Motorsportchef Toto Wolff kann die Emotionen seiner beiden Alphatiere jedoch nachvollziehen. "Beide haben die Chance, Weltmeister zu werden. Und für jeden ist jeweils der Teamkollege der einzige Gegner."
Die haarigste Passage des Rennens der glühenden Bremsen ist die Schikane vor Start und Ziel. Wer die vermasselt, macht oft Bekanntschaft mit der berühmten "Wall of Champions".
Müde Konkurrenz
Den Mercedes-Konkurrenten ist bewusst, dass in Kanada wohl nur bei technischen Problemen der "Silbernen" etwas zu erben sein wird. Während den Red-Bull-Boliden die schnelle Strecke nicht liegt und McLaren nach wie vor ein Schattendasein führt, herrscht bei Ferrari wenigstens zarte Aufbruchstimmung. Alonso, der nach seinem Besuch bei der MotoGP in Mugello auch noch in Maranello vorbeischaute, berichtete zumindest von einer "guten Stimmung" in der Fabrik. (sid/red, derStandard.at, 4.6.2014)