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"Cybergrooming", das Anbahnen sexueller Kontakte zu Kindern über das Internet, ist vielen Eltern unbekannt.

Foto: dpa/Armin Weigel

Canberra/Wien - Ein kleines Mädchen, das missbraucht wird, hat den Täter möglicherweise dazu animiert und trägt somit Schuld. Ein kleiner Bub, dem Ähnliches widerfährt, kann das Erlebte dafür wesentlich leichter verkraften - schließlich ist er kein Mädchen. Und was nicht eindeutig eine Vergewaltigung mit Geschlechtsverkehr darstellt, ist eigentlich kein wirklicher Missbrauch.

Diese zugespitzten Annahmen sind Ergebnisse einer großangelegten Untersuchung in Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam, die von der australischen Regierung, der UNO und der Hilfsorganisation World Vision am Mittwoch veröffentlicht wurden.

Wenig Bewusstsein über Kindesmissbrauch

Unter dem Titel "Project Childhood" wurden dafür zwischen 2011 und 2014 in den vier Ländern Eltern, Polizisten, Lehrer, Politiker und Kinder befragt.

Mit dem Wissen, welches Bewusstsein und Verständnis in den Gemeinschaften in puncto Kindesmissbrauch besteht, sollen Strategien erarbeitet werden, um Kinder besser vor Übergriffen - auch durch Touristen - schützen zu können.

Angst, sie anzustiften

Schon bei der Aufklärung zeige sich großer Nachholbedarf, resümieren die Studienleiter. Aus Angst, sie zu sexuellen Handlungen anzustiften, vermeiden die meisten Lehrer das Thema in der Schule. Ähnlich verhält es sich bei vielen Eltern, die aus Scham nicht mit ihren Kindern über deren Körper und die Grenzen der Intimität sprechen wollen.

Kommt es zu Übergriffen, werden diese oft nicht angezeigt oder eben gar nicht erst als "echter Missbrauch" anerkannt. Missbrauch sei etwas, das von außen durch Fremde geschieht, glauben viele der Befragten, und nicht etwas, das innerhalb einer Familie stattfindet.

Was Kinder im Internet schauen, wird wenig kontrolliert

Geht es um "Cybergrooming", also das Anbahnen von von sexuellen Kontakten zu Kindern über das Internet, hatten nur wenige der befragten Erwachsenen und Kinder Ahnung. Auch die Inhalte, die Kinder zum Beispiel im Fernsehen oder über ihr Handy konsumieren, werden von den Eltern kaum beachtet.

Mit Hilfe des 94-seitigen Berichts sollen nun lokale Hilfsorganisationen, Lehrer und Sozialarbeiter für Kindesmissbrauch besser sensibilisiert werden. (juh, derStandard.at, 4.6.2014)