Am 2. Juni, dem Internationalen Hurentag, wurde wieder weltweit für mehr Rechte für Sexarbeiterinnen demonstriert. Am Dienstagabend wurde über die Rahmenbedingungen für Salzburger Sexarbeiterinnen diskutiert.

Arbeitsverbot für schwangere Prostituierte, wöchentliche Pflichtuntersuchungen und Arbeitserlaubnis nur in konzessionierten Betrieben: In diesem gesetzlichen Rahmen bewegen sich Sexarbeiterinnen in Salzburg derzeit. Welche rechtlichen Rädchen müssten in Salzburg gedreht werden, um die Arbeitsbedingungen von Prostituierten zu verbessern? Diese Frage stellten sich am Dienstagabend Parteienvertreterinnen und Expertinnen bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Prostitutionspolitik auf Einladung des ÖH-Frauenreferats.

„Sexarbeit in Salzburg ist sehr bunt und nicht die schwangere Rumänin auf dem Straßenstrich“, erklärte Christine Nagl von der Beratungsstelle für Sexdienstleisterinnen, PiA. Als einzige Sozialarbeiterin, die für Prostituierte zuständig ist, hat Nagl Einblick in die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen in Salzburg. Neun Bundesländer, neun Prostitutionsgesetze – in jedem Bundesland gibt es verschiedene Regelungen für Sexarbeiterinnen. In Salzburg ist Prostitution nur in konzessionierten Betrieben erlaubt. Straßenstrich, Escort sowie Prostitution in Wohnungen und Hotels sind verboten.

„Frauen wollen selbstbestimmt arbeiten“

Trotzdem seien viele Frauen im unsichtbaren und damit illegalen Bereich der Prostitution tätig, sagte Nagl. „Die Frauen wollen selbstbestimmt arbeiten.“ Die Beschränkung auf konzessionierte Betriebe gebe den Bordellbetreibern mehr Rechte und Macht und dränge die Frauen in ein Abhängigkeitsverhältnis. „Es gibt in Bordellen Bewerbungsbögen. Wenn unsafe Praktiken nicht gemacht werden, werden die Frauen nicht genommen“, nennt die Sozialarbeiterin ein Beispiel.

Die Politik sieht das anders: Die konzessionierten Betriebe würden den Sexarbeiterinnen auch einen gewissen Schutz bieten, sind sich die Landtagsabgeordneten Daniela Gutschi (ÖVP) und Gabriele Fürhapter (Team Stronach) einig. Es müssten eben die Rahmenbedingungen verbessert werden.

Die SPÖ-Abgeordnete Ingrid Riezler stellte zur Diskussion, ob es überhaupt okay sei, dass Männer sich Frauen kaufen. „Ich tue mir wahnsinnig schwer mit dem Begriff Sexarbeit“, sagte Riezler, da der Begriff impliziere, dass Prostitution eine normale Dienstleistung sei. Es brauche auf Bundesebene eine einheitliche Gesetzgebung, bei der Möglichkeiten geschaffen werden, die es nicht notwendig machen, diesen Beruf auszuüben.

35 Euro für Gesundheitscheck

Eine Regelung, die der PiA-Sozialarbeiterin sauer aufstößt, ist etwa die verpflichtende wöchentliche Untersuchung für Prostituierte. „Die Behörden sagen Gesundheitskarte dazu, ich nenne es Kontrollkarte“, betonte Nagl. Die Untersuchung suggeriere den Prostituierten, sie seien gesund, getestet würden aber nur einige Geschlechtskrankheiten werden. Nagl kenne etwa einen Fall, bei dem eine Frau mit einer Eileiterschwangerschaft nicht behandelt wurde.  Zudem sei in Salzburg die Untersuchung mit 35 Euro pro Woche österreichweit am teuersten.

Auch die grüne Abgeordnete Barbara Sieberth ist mit den Gesundheitsuntersuchungen nicht glücklich. Die hohen Kosten für Prostituierte seien im Jahr 2005 aufgrund von Budgetdruck eingeführt worden. Zudem würden die Ämter sehr unterschiedlich arbeiten. „Die 35 Euro sollten fallen und nicht das Gesundheitsamt, sondern normale Ärzte untersuchen“, meinte Fürhapter vom Team Stronach.

Berufsverbot für schwangere Prostituierte

Eine Salzburger Besonderheit ist das Berufsverbot für schwangere Prostituierte. Das Gesetz sei zwar gut gemeint, die Folgen für Prostituierte aber schwerwiegend, sagte Nagl. „Es geht um den Schutz des ungeborenen Kindes“, argumentierte ÖVP-Abgeordnete Gutschi. Auch in anderen Berufen, etwa im Pflegebereich, dürften Schwangere nicht arbeiten.

„Es geht um soziale Absicherung“, entgegnete Helga Amesberger vom Wiener Institut für Konfliktforschung. Prostituierte gelten in Österreich als neue Selbstständige und sind damit bei der SVA versichert. Es herrsche zwar ein Berufsverbot für Schwangere, aber einen vorzeitigen Mutterschutz gebe es nicht. „Man entlässt die Frauen in die Illegalität oder in die Armut“, kritisierte Amesberger, die eine vergleichende Studie über Prostitutionspolitik und die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen durchgeführt hat (dieStandard.at berichtete (Link: http://diestandard.at/2000001085102/Wiener-Prostitutionspolitik-Gut-gemeint-statt-gut-gemacht ). „Im Fall einer Schwangerschaft muss gleichzeitig die Versicherung greifen und der Mutterschutz einsetzen“, sagte die Grünen-Abgeordnete Sieberth.

Thema Sexarbeit im Regierungsübereinkommen

Bisher sei das Thema Prostitutionspolitik in der Landtagsarbeit noch kein Thema gewesen, räumten alle Parteienvertreterinnen ein. „Das ist ein Thema, das schlägt nicht so auf“, erklärte Gutschi, auch weil sich die Betroffenen nicht melden würden. Sieberth sah die Diskussion als Anstoß, Bewegung in das Thema zu bringen. Schließlich ist auch im Arbeitsübereinkommen der Schwarz-Grün-Stronach-Regierung verankert, die Grundlagen für eine neue Strategie rund um die Sexarbeit in Salzburg zu erarbeiten. Die Grün-Politikerin regte an, sich im Sommer dem Thema Prostitution zu widmen.

Arbeit vernetzen und Betroffene einbeziehen

„Bei Gesetzesänderungen sollten Menschen eingebunden werden, die in dem Milieu arbeiten“, legte Amesberger den Politikerinnen nahe. Das Beispiel Wien zeige, dass Änderungen gut gemeint gewesen seien, aber teilweise das Gegenteil bewirkt hätten. „In der Umsetzung liegt der Hund begraben“, sagte die Sozialwissenschaftlerin. „Es werden Dinge im Gesetz festgelegt, ohne mit den Betroffenen zu sprechen“, kritisierte auch Nagl. Ein Zustand den die Politikerinnen offenbar ändern wollen. Gabriele Fürhapter vom Team Stronach möchte die Sexarbeiterinnen bei einer allfälligen Gesetzesänderung einbeziehen.

Bei der Umsetzung dürfe es nicht nur um Ordnungspolitik gehen, erklärte Sieberth. Es brauche mehr vernetzte Arbeit mit Sozialarbeit, Sicherheit und Politik: „Das Feld darf nicht nur der Polizei überlassen werden.“ Auch Gutschi trat für eine stärkere sozialarbeiterische Unterstützung der Frauen ein, auch wenn man dafür Geld in die Hand nehmen müsse. (Stefanie Ruep, dieStandard.at, 4.6.2014)