"Tür, anders im Raum" (2014) von Markus Wilfling.

Foto: M. Karlseder

Graz - Üblicherweise. So plustert sich der Hinweis auf die große Ausnahme auf. Üblicherweise - falls man nicht bei Alice im Wunderland oder einem Baumarkt zu Besuch ist - öffnen Türen Räume - oder schließen sie wieder. Bei Markus Wilfling verschließt sich die Tür allerdings solch banalen Anliegen. Sie rollt sich igelgleich ein, wird zur Rolle, zum Tunnel. Hindurch kann man freilich immer noch - zumindest theoretisch. Auf allen vieren krabbelnd oder robbend. Wenn man will, könnte man in dem Dazwischen, das die Tür nun einschließt, wie ein Kaninchen verharren. Wem das schon nicht die Wahrnehmung verändert, dem tun danach wenigstens alle Knochen weh.

Ist dies das "andere Zimmer", das die Soloschau des Künstlers in der Galerie Eugen Lendl ankündigt? Und was macht diesen anderen Ort aus, an dem sich auch ein Stuhl in alle Einzelteile zerlegt und als Stuele II auf schwindelschlankem Fuße Richtung Decke streckt? Ein Salon des Irrsinns in dem Mobiliar in der Sinnkrise und auf der Suche nach dem Plan B Zuflucht findet? Oder ein Raum, der erlaubt, in anderen als den gewohnten Bahnen zu denken.

Verschieben und Verrücken

Alltagsobjekte, die ihre Funktionen wie ein lästiges Alter Ego abschütteln, die zu Dingen mit - wenn auch angeknackster - Seele werden, kennen wir von Wilfling. Langweilig ist das bisher trotzdem nie gewesen. Denn der 1966 geborene Bildhauer kann seinem Prinzip - dem Verschieben von Wahrnehmungen und Verrücken physischer wie ideologischer Standpunkte - immer neue, ironiedurchtränkte wie humorgesprenkelte Werke abgewinnen.

Und obendrein lassen sich die Arbeiten je nach zeitpolitischem Kontext neu interpretieren: Lässt die schräge Bank, der ihre linke Hälfte verlustig gegangen ist, heute an die Schieflage des Finanzsystems und die Hypo-Pleite denken, so wird man sich womöglich schon morgen, in postkapitalistischer Zeit, beim Parkbank-Objekt an den schleichenden Verlust des öffentlichen Raums erinnern.

Wilfling hält uns in Bewegung. Seine in bester Tradition der Wiener Gruppe in Silben zerfetzten Worte - hier ein "je", dort ein "tzt" - kann man nur mit einem Mindestmaß an Gelenkigkeit zusammensetzen: Zumindest den Kopf muss man wenden. Dann ergibt sich Sinn. "Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung wechseln kann", sagte bereits Francis Picabia. Jetzt. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 5.6.2014)