Die Luxusvariante eines Solarzwerges dreht sich mit der Sonne mit. Aber auch das einfache, fix montierte Zwergerl löst vor der Inbetriebnahme ein Behördenringelspiel aus.

Foto: solarzwerg.de

Wien - So ein Solarzwerg - genau das wäre es, dachte sich Simon Niederkircher. Der Photovoltaikexperte der Ökostrom AG hatte den Stromverbrauch seines Privathaushaltes analysiert und festgestellt: Den größten Ausreißer gibt es bei ihm daheim zur Mittagsstunde, da wird mit Abstand der meiste Strom verbraucht.

Und die beste Sonneneinstrahlung gibt es - nicht nur in unseren Breiten - genau zum High Noon des Stromverbrauchs. Daher wäre es doch am besten, man hätte eine kleine, aber feine Sonnenstromanlage, die genau diese Mittagsspitze kappen würde.

Genehmigung nötig

Das Ding muss ja nicht groß sein, und genau diese Geräte gibt es auch schon. Solarzwerge eben, die hervorragend für Haushalte geeignet sind, die über keine eigene Dachfläche verfügen, die keinen Garten zum Aufständern haben, sondern eben vielleicht nur einen südseitigen Balkon.

Ein Modul mit Wechselrichter, Befestigungsmaterial, Absicherungen sowie ein Stecker für die Steckdose. Das ist alles, was man für das Mittagsspitzekappen braucht. Und genau das gibt es auch zu kaufen: ein Modul in der Größe von etwa 1,6 mal einem Meter, 19 Kilo schwer. Die maximale Leistung liegt bei 250 Watt. Niederkircher rechnet mit 150 bis 200 kWh Strom pro Jahr.

Simon Niederkircher hatte Feuer gefangen. Genau so ein Solarzwerg sollte es sein. Er kaufte sich das Wunderding und machte sich daran, das Gerät genehmigen zu lassen. Denn im Gegensatz zu anderen Ländern können Solarzwerge hierzulande nicht einfach so in Betrieb genommen werden.

Der Gang in die Bürokratie

Was danach passierte - und immer noch geschieht, begleitet nun Simon Niederkircher im Internet. In seinem Solarzwerg-Blog, der bezeichnenderweise den Untertitel trägt: "Bürokratie, die dich verrückt macht". Das Ende ist noch nicht abzusehen, denn der stolze Solarzwergbesitzer kämpft immer noch um die Zulassung.

Es begann schon damit, dass beim Netzbetreiber für einen derartigen Fall eigentlich niemand zuständig ist - weil es ja so einen Fall im Grunde gar nicht geben kann: dass da einer einfach nur so Strom produziert und seinen eigenen Verbrauch damit abfedern will. Das macht dreimal 20 Minuten in der Warteschleife - und die ersten zerfetzten Nervenstränge.

Dann gerät der PV-Experte beispielsweise an einen Techniker der Wiener Netze, der ihm erklärt habe, es drohten "Tod, Netzzusammenbruch, abertausende Euro Strafe und so weiter". Solche Geräte seien brandgefährlich, und wenn jeder einfach einspeist, wo kämen die Netze denn dann hin?

Antragsformular mit fünf Durchschlägen

Und: Nur ein konzessionierter Elektriker dürfe einen Solarzwerg melden. Dieser müsse ein Antragsformular mit fünf Durchschlägen, fünf Seiten Beilagenformulare, technische Planung und eine Konformitätserklärung des Wechselrichters einreichen. Niederkircher: "Man stelle sich vor: So etwas muss man machen, bevor man einen Eiskasten ansteckt."

Droht bei einem unkontrollierten Solarzwerganschluss das ultimative In-die-Knie-Gehen der Netze, ein Blackout? Niederkircher rechnet vor: "Laut Oesterreichs Energie betrug die 2012 in Österreich erzeugte Strommenge 72.400 GWh. Mein Zwerg erzeugt circa 0,0002 GWh. Wenn ich damit Probleme im Netz verursache, haben wir in Österreich ein ernsthaftes Sicherheitsproblem." Und: Würden "alle 3.000.000 Haushalte in Österreich einen Solarzwerg anschließen, ergibt das mit 600 GWh 0,8 Prozent der Erzeugung."

Zustimmung des Vermieters

Niederkircher hat trotzdem alle Antragsformulare ausgefüllt und eingereicht. Der Zwischenstand: Die Wiener Netze teilten inzwischen mit, "dass mein Solarzwerg in Ordnung ist und - wenig überraschend - keine Auswirkungen auf das Stromnetz erwartet werden. Anschließen darf ich meinen Zwerg aber nicht, denn dann würde ich gegen das Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetz verstoßen." Und ohne "elektrizitätsrechtliche Genehmigung" und ohne Zustimmung des Vermieters gehe da gar nichts.

Niederkircher überlegt nun, ob er nicht wirklich sicherheitshalber gleich melden soll, dass er auch eine Waschmaschine ans Netz angesteckt hat. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 31.5.2014)