Masayoshi Son bekommt meist, was er will. Mitte des vorigen Jahrzehnts reiste der japanische Milliardär und Chef des Internet-Konzerns Softbank zu Steve Jobs, im Gepäck die hastig gekritzelte Skizze eines iPods mit Telefontasten. Er wollte den damaligen Apple-Chef überreden, ein neues Handy mit Musikspieler und Internet-Zugang auf den Markt zu bringen.

"Wir haben mit niemandem geredet, aber Du bist der Erste, der zu mir kommt. Du kriegst es."

Jobs, der bereits seit Jahren heimlich an einem solchen Gerät arbeitete, reagierte ungehalten. "Wir haben mit niemandem geredet, aber Du bist der Erste, der zu mir kommt. Du kriegst es." Son bekam den Zuschlag für den alleinigen Verkauf des iPhones in Japan - zwei Jahre vor der Einführung.

Mit dem Deal legte er den Grundstein für den Erfolg von Softbank. Der Mobilfunkanbieter sowie Beteiligungen an Internet-Riesen wie Yahoo oder Alibaba, bei denen er früh für wenig Geld einstieg, machen den schmächtigen Son mit einem Vermögen von 20 Mrd. Dollar (14,66 Mrd. Euro) zum reichsten Mann Japans. Die vollen Kassen und frische Schulden nutzte der 56-jährige, um in Amerika den Mobilfunkanbieter Sprint zu schlucken. Als nächstes steht T-Mobile US auf der Einkaufsliste. "Er ist der talentierteste und mutigste Geschäftsmann Japans", sagt Kazuo Noda, der Son seit drei Jahrzehnten kennt. "Und wenn er in neue Märkte geht, nimmt er es nicht nur mit den großen Spielern auf. Er ändert alle Regeln."

Baustein

Für Son ist der amerikanische Branchen-Vierten T-Mobile US ein wichtiger Baustein. Nur durch eine Fusion mit der Deutsche-Telekom-Tochter könne Sprint die nötige Größe erlangen, um es langfristig mit den Platzhirschen Verizon und AT&T aufnehmen zu können, argumentiert er. Der Deal ist noch nicht angekündigt, doch haben sich die US-Kartellwächter bereits skeptisch geäußert, da sie steigende Mobilfunkpreise fürchten. Mit einer Charmeoffensive versucht Son, die amerikanische Öffentlichkeit auf seine Seite zu ziehen. In einer US-Talkshow warf er Verizon und AT&T vor, ihre Kunden mit hohen Gebühren zu schröpfen, und kündigte für den Fall eines Erfolgs seiner Übernahmepläne einen "massiven Preiskrieg" an. Aber nicht nur das hohe Preisniveau treibt ihn um: In einem weltweiten Daten-Geschwindigkeitstest landeten US-Mobilfunknetze auf Rang 15. "Könnt ihr stolz darauf sein, nur ein wenig besser als die Philippinen zu sein?" Son ist dafür bekannt, nicht schnell aufzugeben. In Japan etwa drohte er vor über zehn Jahren in einer Ministeriumsanhörung damit, sich selbst zu verbrennen, falls die Beamten den ehemaligen Telefonmonopolisten NTT nicht zwingen, sein Netz für Sons Breitbandfirma zu öffnen. Die Behörde lenkte später ein - Son bekam, was er wollte.

Dabei ist Son der Erfolg nicht in die Wiege gelegt worden. Groß geworden in einer Hütte ohne Adresse auf der japanischen Südinsel Kyushu, lernte er schon früh die harten Seiten des Lebens kennen. Seine Eltern gehörten zur koreanischen Minderheit in Japan und hielten sich mit der Aufzucht von Schweinen und als illegale Schnapsbrenner über Wasser, später betrieben sie eine Spielhalle. Diskriminiert wegen seiner Abstammung, wanderte Son mit 16 Jahren nach Kalifornien aus, wo er später auch studierte. Die Zeit in den USA habe seine "Seele befreit", sagt er rückblickend. Noch an der Universität zeigte sich sein unternehmerisches Talent: Er entwickelte ein elektronisches Wörterbuch und verkauft die Rechte für eine Million Dollar. Begeistert vom amerikanischen Unternehmergeist kehrte er Anfang der 80er-Jahre nach Japan zurück, gründete Softbank und vertrieb Software-Lizenzen in dem Land. Die Einnahmen steckte er zehn Jahre später in eine Reihe von Internet-Startups, unter anderem in das damals unbekannte Online-Portal Yahoo. Die 100 Mio. Dollar für ein Drittel an der Firma waren gut investiert - nach dem Yahoo-Börsengang 1996 stieg der Wert bald auf Milliarden. Auf dem Gipfel der Internet-Euphorie war Son ein gefeierter Star - bis die Party 2000 platzte. "Ich war für drei Tage reicher als Bill Gates", erinnert sich Son. In den Jahren danach verlor er einen Großteil seines Geldes. Er richtete Softbank neu aus auf Breitbandanschlüsse unter der Marke Yahoo und später auf den Mobilfunk mit der Übernahme von Vodafone Japan im Jahr 2006. Den angeschlagenen Mobilfunker baute er mit Hilfe des iPhones, das er allein in Japan verkaufte, zum ernsthaften Rivalen der alteingesessenen Betreiber aus.

Auch ein andere Internet-Wette dürfte sich bald auszahlen: Vor 14 Jahren beteiligte sich Son für 20 Mio. Dollar am chinesischen Online-Handelshaus Alibaba. Das Startup hat sich mittlerweile zu einem der größten Internet-Unternehmen weltweit gewandelt und bereitet das Börsendebüt vor. Die 34 Prozent an Alibaba dürften etwa 50 Mrd. Dollar wert sein. Son will seinen Anteil zwar behalten, doch kann er die Aktien als Sicherheiten für Kredite einsetzen. Die Finanzierung eines Angebots für T-Mobile US dürfte ihm damit leichter fallen. (APA, 4.6. 2014)