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Journalisten würden in Kriegsgebieten immer öfter zu Zielscheiben. Das Foto datiert aus dem Jahr 2004. Ein Reuters-Kameramann ist bei einem Einsatz im Gazastreifen zu sehen.

Foto: Reuters/Pool

Wien - Wahrhaftig berichten, Informationen weitertragen, Freude am Schreiben, Abenteuerlust: Was Kriegsreporter als Motive für ihre Berufswahl angeben, unterscheidet sich nicht so sehr von Kollegen abseits der Front. Der wesentliche Unterschied: "Du bist da, wo Geschichte passiert, und berichtest", sagt der deutsche Autor und Journalist Lutz Klevemann. "Wir sind die Lehrer der Gesellschaft", meint Arthur Obayuwana, Journalist vom nigerianischen Guardian. "Weil ich etwas zu sagen habe", sagt die österreichische Kriegsreporterin Petra Ramsauer Mittwochabend auf Einladung von Bundespressdienst, Presseclub Concordia und Reporter ohne Grenzen über die Rolle der Medien im Krieg und wie sich diese in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat.

Nicht unbedingt zum Guten, lautete der Tenor auf dem Podium. Die Gefahr an Leib und Leben steige. Journalisten würden in Kriegsgebieten immer öfter zu Zielscheiben. Besonders lokale Journalisten werden gezielt attackiert. Diese seien "unglaublichen Bedrohungen", ausgesetzt, sagt Ramsauer. "Die Angst ist da", bestätigt Obayuwana. Die Regierung in Nigeria sorge nicht ausreichend für den Schutz von Journalisten.

Medien als Waffe

Ramsauer weist auf die vergangene Woche brutal ermordete libysche Journalistin Naseeb Miloud Karfana hin und darauf, wie wenig beachtet die Tat von der Öffentlichkeit bleibt: "Vor drei Jahren Jahren wäre das noch ,Breaking News' gewesen." Ramsauer hält es für "extrem traurig", dass Berichterstattung so wenig Einfluss habe.

"Medien sind eine mächtige, emotional aufgeladene Waffe", meint hingegen die taz-Korrespondentin Bettina Gaus. Völlig unabhängige Berichterstattung sei in Konfliktgebieten ein nahezu unerreichbares Ideal. "Wir haben Quellen, aber es herrscht große Angst", sagt Obayuwana.

Die Weltgemeinschaft nimmt Konflikte unterschiedlich wahr, dies habe sich besonders schockierend am Beispiel Ruandas gezeigt, sagt Gaus. Welcher Konflikt hat nun die "beste" Chance, von der mit Informationen überversorgten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden? Die Kriterien der Kriegsreporter sind ernüchternd: "Solange du Rekorde brechen kannst", kritisiert Gaus. "Wenn die Konfliktparteien in ein Gut/Böse-Schema passen", sagt Kleverman: "Es macht uns verrückt, dass wir es nicht schaffen, die Aufmerksamkeit auf Syrien zu halten." Die syrische Bevölkerung werde etwa mittlerweile kollektiv als "verrückte Hunde" abgestempelt, sagt Kleverman. Vereinfachung sei bequemer als Auseinandersetzung: "Die Leser wollen am Morgen ihre Zeitung aufschlagen, ihren Kaffee trinken und lesen, dass sie recht haben. Sie wollen nicht informiert werden." Bettina Gaus: "Das Publikum wird ungeduldiger." (prie, DER STANDARD, 5.6.2014)