"Among The Sleep" um 19,99 Euro für Windows, Mac und Linux erhältlich.

Bild: Krillbite
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Als zweijähriges Baby sieht man die Welt mit anderen Augen. Zunächst einmal ist man krabbelnd oder langsam dahinstaksend in Kniehöhe unterwegs, Erwachsene, aber auch Alltagsgegenstände wie Stühle, Küchengeräte und Türen ragen riesenhaft vor uns auf. Noch wichtiger aber ist, dass Kinderaugen die Welt anscheinend grundlegend anders wahrnehmen: Für sie ist Banales wunderbar und faszinierend, manchmal aber auch angsterregend und grauenhaft. Die Idee des norwegischen Indie-Studios Krillbite, die Spieler in der Gestalt eines Zweijährigen das unheimliche nächtliche Elternhaus erforschen zu lassen, wurde dank ihrer Originalität schon letztes Jahr auf Kickstarter belohnt: Fast 250.000 Dollar konnten die Entwickler für die Verwirklichung ihrer Idee einsammeln. Nun ist “Among the Sleep” endlich erschienen.

Eins vorweg, und zwar eine Überraschung: Wer sich nach Trailer und Vorankündigung ein astreines Horrorspiel mit Jumpscares und Schockeffekten erwartet hat, wird enttäuscht werden. Obwohl an einigen wenigen Stellen solche Schreckmomente zum Einsatz kommen, setzt “Among The Sleep” im Großen und Ganzen eher auf atmosphärisches Unbehagen und, dank hervorragendem Sounddesign, auf Grusel statt blanken Schrecken.

Nächtlicher Albtraum

Dabei spielt der norwegische Entwickler - übrigens mit seinem Gratis-Experiment “The Plan bereits im GameStandard gewürdigt - den Novitätsbonus seiner Hauptfigur und die First-Person-Perspektive bereits in den ersten Spielminuten grandios aus: Von Mutter herumgetragen, findet sich der Spieler schnell in einer Welt, die ganz andere Herausforderungen bietet, als vom Genre bekannt ist. Die Bewegungen sind babyhaft unbeholfen, die Türklinken sind viel zu  hoch und lassen sich nur durch Kletteraktionen erreichen, Gewandschränke werden zu bedrohlichen Irrgärten und der Teddybär zeigt sich als altkluger imaginärer Freund.

Der Albtraum beginnt nachts, als sich das eben noch sonnendurchflutete Haus zum beeindruckend unheimlichen Ort verwandelt. Trotzdem - dies ist die zweite Überraschung - verlässt das Spiel relativ schnell die banal-realistische Kulisse des durchschnittlichen Familienhaushaltes und entführt seinen Protagonisten vielmehr in unheimlich und grotesk überzeichnete Fantasiewelten, in denen Spielerinnen und Spieler beim Lösen einfacher Rätsel hauptsächlich linear die unheimlichen Locations krabbelnd, laufend und kletternd erkunden. Erst in späteren Levels wird das Verstecken vor unheimlichen Albtraumgestalten zur Notwendigkeit. Es ist fast ein wenig schade, dass die Entwickler hier ihre Spieler nicht länger in der “Realität” lassen, doch als Ausgleich belohnt eine Geschichte, die sich erst im Rückblick entfaltet.

Kurz und gut

Denn “Among The Sleep” ist eines jener seltenen Spiele, die sich erst im Lichte ihrer letzten Minuten zur vollen Größe aufrichten. Ohne zu viel zu verraten: Das gelungene Ende versöhnt nicht nur mit dem erwähnten Ausflug ins Kindlich-Fantastische, sondern auch mit stellenweise spielmechanischer Unzulänglichkeit und selten auftretenden Bugs.

Nur die mit zwei Stunden nicht gerade üppig ausgefallene Spieldauer mag man angesichts des Preises als Manko werten - wie das letztes Jahr erfolgreiche “Gone Home” setzt “Among The Sleep” zugunsten einer straffen Erzählung auf Kürze und spart sich so manches Füllelement, um dafür mit dichter Atmosphäre, gekonntem Leveldesign und überaus gelungenem Sound zu überzeugen.

“Among The Sleep” ist kein Spiel für die Jumpscare-Fraktion, die sich auf YouTube hinter ihren Let’s-Playern verschanzt und sich im Minutentakt erschrecken lassen will, sondern ein cleveres erzählerisches Experiment mit einzigartiger Perspektive. In seinen zwei Stunden - am besten am Stück gespielt - unterhält es” auf überaus originelle und spannende Art und Weise. (Rainer Sigl, derStandard.at, 9.6.2014)

Trailer: "Among The Sleep"
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"Among The Sleep" um 19,99 Euro für Windows, Mac und Linux erhältlich.