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US-Präsident Obama traf in Warschau auch den neu gewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Die Tage der Imperien und Einfluss-Sphären seien gezählt, sagte er in seiner Rede.

Foto: Reuters/Lamarque

"Wolnosc - Freiheit - 25 Jahre": Überall in Polens Hauptstadt Warschau flatterte das rot-weiße Banner mit dem berühmten Schriftzug der Gewerkschafts- und Freiheitsbewegung Solidarnosc. Vom Dach des Präsidentenpalastes an Warschaus Prachtboulevard Krakowskie Przedmiescie hingen riesige Nationalfahnen, und selbst die beiden Stein-Löwen an der Einfahrt trugen rotweiße Freiheitskokarden. Tagelang hatten Arbeiter auf dem Schlossplatz an der Bühne für den Ehrengast der großen Feier - US-Präsident Barack Obama - sowie die zahlreich eingeladenen Staats- und Regierungschefs Europas gehämmert.

"Polen wird nie mehr allein sein", versicherte Obama in seiner Rede. "Ich weiß, dass Polen in der Stunde der Not immer wieder von den Freunden verraten wurde, aber in der Nato stehen alle zusammen. Auch Estland. Lettland, Litauen und Rumänien werden nicht allein stehen. Nie mehr! Das ist uns eine Verpflichtung."

"Wir schützen euch"

Seit der Krimkrise, die in den östlichen Nato-Staaten größte Sorge um die eigene Sicherheit aufkommen ließ, sind US-Kampfjets im Einsatz, um den Luftraum dieser Länder zu überwachen und die Bevölkerung zu beruhigen. "Unsere Flugzeuge schützen euch", rief Obama den Polen, Litauern, Letten und Esten zu. Damit wolle man die staatliche Integrität garantieren. Und mit Blick auf die Ukraine: "Doch wir kämpfen nicht nur um die Bewahrung unserer Freiheit. Wir helfen auch denjenigen, die um ihre Freiheit kämpfen."

In den Morgenstunden hatte sich Obama auch mit dem vor wenigen Tagen neu gewählten Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko, getroffen. "Die Tage der Imperien und Einfluss-Sphären sind gezählt", sagte der US-Präsident. "Wir werden die Okkupation der Krim niemals akzeptieren." Russland solle seine Provokationen gegenüber der Ukraine einstellen, da es sonst einen Preis dafür bezahlen müsse.

Obama erinnerte daran, dass Polen seine Freiheit unter vielen Opfern, aber gewaltfrei erkämpft habe. "Wir dürfen niemals vergessen, dass der Funke für diese Veränderungen in Europa von Polen ausging. Am gleichen Tag, als hier in halbfreien Wahlen der Kommunismus abgewählt wurde, am 4. Juni 1989, endete der friedliche Protest von tausenden Studenten auf dem Tiananmen-Platz in Peking in einem blutigen Massaker." Auf der anderen Seite der Erdkugel hätten Panzer "die Freiheit niedergewalzt".

Die Ukraine würde nun gerne in die Fußstapfen Polens treten und ebenfalls in Freiheit über seine Zukunft entscheiden. "Aber Freiheit ist nicht umsonst zu haben. Durch die Aggression Russlands gegen die Ukraine kann dieses Land heute nicht in Frieden und Freiheit über seine Zukunft entscheiden", so Obama. "Aber wir stehen Arm in Arm zusammen. Ohne Solidarität keine Freiheit."

Die Lage in der Ukraine und die Frage, wie die USA und die EU in diesem Zusammenhang mit Russland und Präsident Wladimir Putin umgehen, war dann am Abend das Hauptthema beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G-7-Staaten - mit Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Italien - in Brüssel. Eingeladen hatte dazu erstmals die EU, Ersatz für den G-8-Gipfel in Sotschi, der von den westlichen Staaten in der Krimkrise abgesagt worden war.

Russland bleibt draußen

Erstmals seit 16 Jahren war Russland also nicht bei einem Gipfel der wichtigsten Industriestaaten der Welt anwesend, was allein zeige, dass dies kein normaler Gipfel sei, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.

EU und USA planen keine weiteren Sanktionen gegen Russland. Im Gegenteil: Diplomaten zufolge wolle man an Putin ein Signal der Entspannung schicken. Wie das ankommt, wird sich Freitag beim Jahrestag der Landung in der Normandie zeigen, wo Putin erwartet wird. Die EU will über die Internationale Energieagentur prüfen, wie sie von Öl und Gaslieferungen Russlands unabhängiger wird. (Gabriele Lesser aus Warschau, Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 5.6.2014)