Mentalmagier Lucca beim Versuch den Teilnehmern das Staunen wieder zu lernen.

Foto: Klaus Ragner

Er erinnere sich noch genau an den Tag, an dem er zurück zum Staunen gefunden habe, sagt der Magier Lucca und blickt dabei mit einem breiten und charmanten Lächeln durch die Publikumsreihen. Während der Mittagspause genoss er vor 16 Jahren die Sonne auf einer Parkbank und erinnerte sich daran, dass er am Nachmittag den Marketingplan für sein damaliges Unternehmen erstellen sollte. „Mir lief ein Schauer über den Rücken“, sagt er und verzieht die Miene.

Dramatische Pausen kommen bei seinem Motivationsvortrag oft zum Einsatz. Eine kurze Handbewegung, das Lächeln ist wieder da: „Dann überlegte ich mir, wie ich den zehn Euro-Schein, den ich in der Geldbörse hatte, in meine Wurstsemmel bekommen könnte – einfach so.“ Dieser Gedanke erfüllte Lucca mit so viele Freude und Neugier, das er sich ab jenem Tag der Magie und dem Staunen zuwandte.

Bildungsbrunch zum Thema Zeit

Staunen, das könne auch auf den persönlichen Arbeitsalltag und somit die Arbeitswelt allgemein positive Auswirkungen haben. Das Publikum, das der Mentalmagier immer wieder zu sich auf die Bühne bittet und in Tricks miteinbezieht, besteht dieses Mal hauptsächlich aus Unternehmern, Personalisten und Pressevertretern. Beim diesjährigen Bildungsbrunch von „die berater“ steht das Thema Zeit im Vordergrund: „Zeitverdichtung und Zeitwahrnehmung in der neuen Arbeitswelt“ lautet der Titel des Forums.

Schon zu Beginn schafft der Illusionist es, mit einem Zaubertrick den Saal ins Staunen zu bringen – um sich gleich anschließend zu erkundigen, wem dieses Gefühl denn gefallen habe – die meisten im Raum folgen Luccas Zustimmungszeichen und summen. „Wieso aber haben wir diesen Moment verloren?“, fragt er.

Wieso wir das Staunen verloren haben

Eine Teilerklärung sieht der Magier in unserem Gehirn. Die Forschung habe gezeigt, dass neue Inputs für mehr Kreativität sorgen und uns zum Staunen bringen können – „man sollte also nie aufhören, neue Eindrücke zu sammeln.“ Bewusst soll vermieden werden, in Routine zu verfallen, denn der Gegenspieler zum Staunen sei die Neugier: „Ohne Neugier kein Staunen – und umgekehrt.“

Eine zweite Erklärung, warum das Staunen beim Erwachsenwerden oft auf der Strecke bleibt, liege in emotionalen Traumata: „Wer erinnert sich nicht daran? Man soll zum vorrechnen an die Tafel, macht einen Fehler – und ab diesem Moment ist Mathe gestorben“, erzählt der Magier und manche im Publikum schmunzeln. Die ständige Bewertung, die schon im Kindesalter beginnt, sei der Tod der Neugier. Wenn man etwas nicht versteht, sollte man nicht verzweifeln oder es als Niederlage sehen, sondern einfach darüber Staunen, gibt er den Zuhörern mit auf den Weg. Als Beispiel erwähnt Lucca hier die Relativitätstheorie, die er zwar „liebe“, aber auch nach zahlreichen Dokus und ausführlicher Lektüre einfach nicht verstehe.

„Last, but not least“ liege der Verlust des Staunens daran, dass die meisten Menschen es verlernt haben zu spielen: „Nicht weil wir alt sind, spielen wir nicht mehr – sondern weil wir nicht spielen, werden wir alt“, sagt der Mentalmagier und meint damit vor allem das Ausbrechen aus Routinen.

Staunend zu besseren Ideen im Job

Was das Staunen in der Arbeitswelt konkret für Anreize schaffen kann und wie man im Alltag zurück zu diesem Gefühl findet, erklärt Lucca in den abschließenden Tipps. Diese Tools seien auch für ihn sehr wichtig, „die Magie etwa versetzt mich ja nur noch sehr selten ins Staunen“, sagt der Magier. Er müsse deshalb auch im Alltag ansetzen. Ganz zentral sei es dabei, sich mit Fremdem und Fremden auseinanderzusetzen. Habe man als Marketingspezialist beispielsweise ein Problem mit einer neuen Strategie, solle man nicht die Kollegen fragen, sondern zum Beispiel einen Koch. „Feedback von anderen ist in Unternehmen sehr wichtig, da dort tendenziell Personen arbeiten, die ähnlich ticken.“ Wichtig ist außerdem der Schlaf: In Ruhephasen werden neue Eindrücke, die man sich idealerweise im Theater, auf Konzerten, bei Ausstellungen oder Reisen holt, miteinander verknüpft.

Eine Eigenschaft, die das Staunen zurückbringen kann und das (Arbeits-) Leben dadurch spannender macht, sei Mut: „Stellen Sie sich ab heute immer wieder die Frage – was wäre, wenn es genau umgekehrt wäre?“  Mit dem Mut, Glaubenssysteme in Frage zu stellen, entstünden die besten Ideen. „Was wäre, wenn das Schulsystem nicht so unterteilt wäre, wie es ist?“ oder „Was wäre, wenn ich diese PowerPoint-Präsentation einmal nicht so gestalte?“ waren dabei Beispiele, die Lucca ins Publikum stellte.

Witze und Zaubertricks

Auch zu spielen, sich aus seiner Komfortzone herauszubewegen und neue Eindrücke zu sammeln, sei essentiell. „Jeder Mensch sollte mindestens einen guten Witz erzählen können und einen Zaubertrick kennen“, ermutigt der Magier die Zuhörer sich für neue Dinge abseits der Arbeitswelt zu motivieren – „gehen Sie raus, lernen Sie etwas ganz Neues.“

Das größte Geheimnis der Zauberkunst verriet er dabei schon ganz zu Beginn des Vortrages: „Das ist ihre Phantasie. Ohne Sie alle wäre ich ja nur ein einsamer Irrer vor dem Spiegel.“ (Lara Hagen, derStandard.at, 5.6.2014)