Wien - Sozialschwache Haushalte brauchen gegenüber dem Durchschnitt den doppelten Einkommensanteil für Energie, obwohl ihr Verbrauch geringer ist. Das ergab die Studie "Energiearmut in Österreich", die am Donnerstag in Wien vorgestellt wurde. Das Projekt unter Leitung des Instituts für nachhaltige Entwicklung (ÖIN) untersuchte und unterstützte 402 Haushalte bezüglich der drei auslösenden Hauptfaktoren.

"263.000 Menschen müssen sich die Frage stellen, ob sie ihr Einkommen für Essen, Heizen oder Kleidung ausgeben", formulierte Caritas-Präsident Michael Landau die prekäre Ausgangslage für viele Österreicher. Ein Wechselspiel bestehend aus niedrigem Einkommen, geringer Energieeffizienz des Wohnraums und hohen Energiepreisen sind die Ursachen - Einflussgrößen, auf die sozialschwache Haushalte nicht zuletzt aufgrund ihres finanziellen Status kaum Einfluss haben. Das Fördersystem für thermische Sanierungen ist laut Studie nicht entlastend, denn "es lässt eine sozialverträgliche Ausgestaltung vermissen", heißt es in dem an Politik und Wirtschaft gerichteten Maßnahmenkatalog.

Kein verschwenderischer Umgang

Zahlenmäßig bedeutet Energiearmut für die Betroffenen, dass sie elf Prozent ihres Einkommens für Energie ausgeben, während es im Durchschnitt 4,8 Prozent sind. "Der durchschnittliche Heiz- und Stromverbrauch der beratenen Haushalte lag aber unterhalb des österreichischen Durchschnitts", erläuterte ÖIN-Geschäftsführerin Anja Christanell die vorherrschende Ungleichheit - und das trotz alter Geräte und schlechter Isolation des Wohnraums, der bei einem Drittel zudem auch Schimmelbefall aufwies.

"Von einem verschwenderischen Umgang mit Energie kann bei den betroffenen Haushalten also nicht die Rede sein", so der Caritas-Präsident, der seit 2009 gemeinsam mit dem Verbund eine Initiative gegen diesen Auswuchs der Armut betreibt. Die drei Säulen Energieberatung, Gerätetausch und finanzielle Überbrückungshilfen konnten seitdem 2.500 Haushalten helfen, erläuterte Verbund-Vorstandschef Wolfgang Anzengruber die bisherigen Erfolge.

"Nur die Spitze des Eisbergs"

Für die Klima- und Energiefonds-Geschäftsführerin Theresia Vogel ist Energiearmut noch weitreichender. Die 263.000 Menschen, die es sich laut Statistik Austria nicht leisten können, ihre Wohnung angemessen warm zu halten, seien "nur die Spitze des Eisbergs". Ebenso sei es ein ganzjährig bestehendes strukturelles Problem, erklärte ÖIN-Geschäftsführerin Christanell. Der noch in Arbeit befindliche Maßnahmenkatalog empfiehlt eine Kombination aus niederschwelligen und kostenlosen Beratungen Vorort sowie eine Steigerung des Sanierungsquote von Gebäuden.

Maßnahmen wurden im "Pilotprojekt gegen Energiearmut", das der Klima- und Energiefonds mit über 430.000 Euro gefördert hat, den 402 einkommensschwachen Haushalten zuteil. Neben der Verbund-Kooperation zählten dazu noch der Stromspar-Check der Caritas Vorarlberg und das mit der Gebietsbetreuung der Stadt Wien durchgeführte Projekt "Grätzeleltern". Landau würde erhöhte Unterstützung auch jenseits des Pilotprojekts begrüßen: "Investitionen der Regierung sollten bei sozialschwachen Haushalten ansetzen", nicht zuletzt deshalb, da diese hier auch besonders effiziente Wirksamkeit zeigen. (APA, 5.6.2014)