Wien - Ein strafrechtliches Nachspiel hatte am Donnerstag am Bezirksgericht Wien-Innere Stadt eine Massenschlägerei, die am 21. Oktober 2012 vor dem Wiener Derby zwischen Austria Wien und dem SK Rapid vor der Generali-Arena in Wien-Favoriten über die Bühne ging. Elf gewalttätige Fans mussten sich wegen Raufhandels verantworten, acht wurden am Ende verurteilt, drei freigesprochen.

Freiheitsstrafen von acht Wochen bis vier Monate

Richterin Nikola Finster verhängte über die schuldig erkannten Männer unbedingte Geldstrafen zwischen 1.100 und 1.800 Euro bzw. Freiheitsstrafen zwischen acht Wochen und vier Monaten, die unter Setzung einer Probezeit auf Bewährung nachgesehen wurden.

Ein Austria-Fan hatte sich bei der Schlägerei eine schwere Verletzung, eine Schulterluxation, zugezogen. Drei Angeklagten war nach Ansicht der Richterin, die sich über Stunden hinweg eingehend mit dem Beweismaterial - Polizei- und Pressefotos sowie Aufnahmen aus Überwachungskameras und mit Smartphones mitgeschnittene Videoclips - auseinandergesetzt hatte, kein wie auch immer strafbares Verhalten nachzuweisen. Schuld- und Freisprüche sind nicht rechtskräftig.

Entgegen dem Strafantrag ging Finster in ihrem Urteil davon aus, dass die gewalttätigen Szenen nicht in einem sogenannten Sicherheitsbereich stattgefunden hatten. "Aus meiner Sicht hat es an der ordnungsgemäßen Kundmachung gefehlt", stellte sie fest.

Rapid-Anhänger vs. Austria-Fans

Etliche teilweise vermummte Rapid-Anhänger waren vor dem Match angeblich konspirativ nach Favoriten gezogen und sollen gezielt die Polizeikräfte umgangen haben. Über die Laaer-Berg-Straße marschierten sie Richtung Osttribüne und gingen vor dem Heimsektor auf Austria-Fans los, die mit Fäusten und Fußtritten attackiert und mit abgebrochenen Fahnenstangen, Werbeträgern, einem Sonnenschirm und einer brennenden Fackel beworfen wurden. Einige Austrianer schlugen zurück und gingen ihrerseits gegen Rapid-Anhänger vor, ehe die zunächst von den Krawallen überraschte Polizei auf den Plan trat, einen Korridor bilden und die Massenschlägerei auflösen konnte.

23 Gewalttäter identifiziert

Nach Auswertung des vorhandenen Bild- und Videomaterials wurden schließlich 23 Personen als Gewalttäter identifiziert und angeklagt. In zwölf Fällen wurde das Verfahren in der Folge diversionell erledigt, da die Betreffenden bisher unbescholten waren, sich nur am Rande beteiligt und nicht mit besonderer Gewaltbereitschaft hervorgetan hatten.

Bei elf Männern bestand Bezirksanwältin Isabella Meier jedoch auf einem Schuldspruch im Sinne des Strafantrags und einer gerichtlichen Verurteilung, da das Beweismaterial sie entweder bei zielgerichteten Tritten und Faustschlägen zeigte oder sie schon in anderem Zusammenhang der Justiz aufgefallen waren. Sie waren bereits mit von der Partie, als Rapid-Fans im Mai 2009 am Wiener Westbahnhof Einsatzkräfte der Polizei attackierten, oder müssen sich demnächst wegen Landfriedensbruchs im Straflandesgericht verantworten, weil sie im September 2013 in Ausschreitungen vor dem Hanappi-Stadion verwickelt gewesen sein sollen, bei denen Polizeibeamte und Ordner verletzt wurden.

Die elf Männer wurden nach jenem Passus angeklagt, der eine bloße Teilnahme an einer Schlägerei in einem sogenannten Sicherheitsbereich unter Strafe stellt. Dieser Bereich hat gemäß Sicherheitspolizeigesetz allerdings ordnungsgemäß per Verordnung kundgemacht zu werden. Ob das vor dem betreffenden Match geschehen war, hatten die Verteidiger Lukas Kollmann und Michael Ploderer mit Nachdruck angezweifelt.

Verwirrung um Verordnung im A4-Format

Die Angeklagten hatten in ihren Einvernahmen beteuert, sie hätten keine Verordnung gesehen und daher keine Ahnung gehabt, dass sie sich in einer verbotenen Zone befanden. Dagegen versicherte der Favoritner Stadthauptmann Michael Lepuschitz als Zeuge, bei "Risikospielen" wie dem Wiener Derby würden stets im beziehungsweise vor dem Stadionbereich 20 DIN-A4-Blätter mit der Verordnung und einer entsprechenden Planskizze ausgehängt.

Im Beweisverfahren trat allerdings kein Zeuge auf, der diese Aussage vollinhaltlich bestätigte. Der Sicherheitsverantwortliche der Wiener Austria will von der Polizei zwar zehn Zettel erhalten haben, ein eigenen Angaben zufolge seit 13 Jahren bei Fußballspielen Dienst versehender Polizist erklärte jedoch, die Verordnung werde "auf einem A4-Zettel" kundgemacht. Auf entsprechendes Nachfragen schränkte er ein: "Normalerweise ist es einer."

Wo dieser am prozessgegenständlichen Tag angebracht war, ließ sich in der Verhandlung nicht klären. Andreas Marek, Fan- und Sicherheitsverantwortlicher bei Rapid und als solcher auch bei jedem Auswärtsmatch vor Ort, meinte im Zeugenstand: "Mir ist nichts aufgefallen. Ich weiß bei uns selber nicht, wo die hängen." Er habe "so einen Verordnungszettel noch nie aufgehängt" gesehen und einen solchen erstmals zu Ostern 2014 im Stadion in Grödig wahrgenommen. (APA, 5.6.2014)