Wien - Allein in Österreich sind rund 400.000 Menschen von einer Birkenpollenallergie und damit verbundenen Nahrungsmittelunverträglichkeiten betroffen. Warum so viele Menschen allergisch auf Birkenpollen reagieren, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Bekannt ist, dass ein bestimmtes Protein für eine Überreaktion des Immunsystems sorgt. Was dieses Protein zum Allergen macht, haben nun Forscher des Messerli Forschungsinstituts, einer gemeinsamen Einrichtung der VetmedUni Vienna, der MedUni Wien und der Universität Wien, herausgefunden.

Verdrängtes Eisen

Das zentrale Ergebnis der Studie, die im "Journal of Biological Chemistry" publiziert wurde : Das Pollenprotein Bet v 1 kann Eisen an sich binden. Bleibt der Eiweißstoff ohne Eisenbindung, wird er zum Allergen. Umwelteinflüsse seien möglicherweise der Grund für eine zu geringe Beladung.

Die Forschungsresultate könnten weitreichende Konsequenzen haben, wie Erika Jensen-Jarolim, Leiterin der Abteilung für Komparative Medizin am Messerli Forschungsinstitut, erklärt: "Es ist so, dass dreiwertiges Eisen in 'Taschen' von dem Protein gebunden wird. Das macht Bet v 1 erst zum Allergen." Es könne aber auch zu einer Verdrängung des Eisens durch andere Metalle kommen. Und, so die Jensen-Jarolim: "Wir haben das mittlerweile auch für ein Hauptallergen der Kuhmilch nachgewiesen." Damit könnte ein zwischen Botanik und Tierwelt übergreifender Mechanismus für die allergische Wirkung von Proteinen entdeckt worden sein.

Allergische Immunantwort

Birkenpollenallergien gehen zu 95 Prozent auf eine vermehrte körpereigene Produktion des Immunbotenstoffs Immunglobulin E (IgE) bei Belastung mit dem Protein Bet v 1 zurück. Bet v 1 ist wiederum dem menschlichen Protein Lipocalin 2, das sich vor allem in der Lunge befindet, strukturell sehr ähnlich. Beide Proteine haben "Taschen", in denen Eisen gebunden werden kann. Das aggressive Bet v 1 manipuliert bzw. stimuliert sogenannte T-Helferzellen vom Typ 2 zur Auslösung der allergischen Reaktion. Sie besteht in einer überschießenden Immunantwort auf Proteine oder Protein-Fragmente, die fälschlicherweise vom Abwehrsystem als gefährlich erkannt werden.

"Typisch für Allergien ist eine gestörte Balance zwischen Th1- und Th2-Immunantwort", so Jensen-Jarolim. Derzeit werde untersucht, welche Mechanismen zu einer verringerten Eisen-Beladung des  Proteins Bet v 1 beitragen. "Die Eisen-Beladung des Birkenproteins könnte mit verschärften Umweltbedingungen, denen die Pflanzen ausgesetzt sind, zusammenhängen", so die Forscherin. Ähnliche Mechanismen könnten auch über die Fütterung von Milchkühen wirken.

Umgekehrt könnten die Ergebnisse auch Auswirkungen auf die Immuntherapie gegen Allergien haben. Diese muss nämlich oft jahrelang durchgeführt werden. Mit Eisen beladene Allergene könnten zur Immunisierung effektiver sein. (APA/red, derStandard.at, 5.6.2014)