Reinhold Lopatka gefällt sich in neuer Rolle: Wie ein schwarzer Benimm-Papst will er Protestauszüge aus dem Nationalrat und wilden Aktionismus im Plenum abstellen – und hat für widerspenstige Abgeordnete gleich einen kostspieligen Sündenkatalog parat. Doch bei allem Respekt vor dem Hohen Haus: Den noblen Thomas Schäfer-Elmayer in ihm nimmt man dem ÖVP-Klubchef in der Sache einfach nicht ab.

Geht es Lopatka bei seinem Vorstoß doch eher darum, das von allen Seiten heftig kritisierte Verhalten der Neos, vormals winziger ÖVP-Ableger, mittlerweile lästiger Konkurrent, während der mehrtägigen Budgetrede erneut als völlig daneben anzuprangern. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass Matthias Strolz’ Klub so schnell wieder einen geschlossenen Abgang macht, liegt ungefähr genauso hoch wie Lopatkas Bereitschaft, gleich nächste Woche eine U-Ausschuss-Reform zu beschließen – also quasi bei null.

Doch was Lopatka mit seinem Ruf nach strengeren Benimmregeln sehr wohl erreichen will, ist, der Opposition vor diesem Beschluss eine Reihe von Zugeständnissen abzutrotzen – vom Aus für ihre Immunität bis zum Zahlen für anhaltende Zwischenrufe. Denn ansonsten, bitte sehr, können nach Lopatkas Logik U-Ausschüsse schon gar nicht sittsam ablaufen. So etwas nennt man in der Politik ein beinhartes Junktim – also eher Ellbogen statt Elmayer.

Dazu müsste sich die ÖVP längst selbst Vorwürfe machen, auf ernst gemeinte Anfragen der Opposition oft nur mit einem Wischiwaschi zu antworten, ganz zu schweigen von Versuchen, deren Petitionen abzudrehen oder U-Ausschüsse zu verunmöglichen. Angesichts all dessen möge Lopatka besser nicht den Heiligen spielen. Und allein auf die schwarze Revancheaktion, auf den verwaisten Neos-Bänken Luftmatratzen aufzutürmen, stünden gemäß seinem Strafregister nach Standard-Berechnungen 47.000 Euro. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 6.6.2014)