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Kriegerisch, aber zuversichtlich: Alexander Turtschinow bei einer Inspektion in Slawjansk.

Foto: AP Photo/Efrem Lukatsky

Kiew/Moskau - "Alles unter Kontrolle", soll das nun im Internet aufgetauchte Video von Alexander Turtschinow demonstrieren. Der ukrainische Übergangspräsident ließ sich beim Besuch einer Straßensperre in Slawjansk filmen - zwar mit Helm und Splitterschutzweste, aber siegessicher. Schon in wenigen Tagen werde in Krasnyj Lyman, der Vorstadt von Slawjansk, wieder eine zivile Verwaltung eingeführt, versprach er. Erste Schritte auf dem Weg zur Normalität.

Doch daneben verkündete Turtschinow die Teilschließung der Grenze nach Russland. Die Regelung betrifft die Regionen Donezk und Luhansk, wo die Separatisten immer noch starke Positionen haben. "Das ist eines der wichtigsten Elemente der Anti-Terror-Aktion", sagte er. Auf diese Weise könnten die Waffenlieferungen an die Separatisten unterbunden werden, argumentiert Kiew. Am Donnerstag wurden die ersten drei Grenzposten dichtgemacht.

Unterschiedliche Angaben zu Flüchtlingen

Das erschwert aber auch die Ausreise vieler Bürgerkriegsflüchtlinge nach Russland. Über deren Anzahl gibt es aus Kiew und Moskau unterschiedliche Angaben. Die russische Region Rostow hat wegen des Massenansturms den Notstand verhängt. Premier Dmitri Medwedew erklärte, dass bereits 4000 Ukrainer Asyl beantragt hätten. Pro Tag kämen etwa 3000 neue Flüchtlinge im Süden Russlands an. "Die ukrainische Führung sieht die Probleme nicht und spricht davon, dass es keine Flüchtlinge gebe. Das ist natürlich Lüge", sagte Medwedew.

In der Tat hatte der ukrainische Grenzschutz zuvor eine Flüchtlingswelle nach Russland dementiert. Demnach ist die Zahl der Ein- und Ausreisen etwa gleich hoch. Stattdessen fixierte die Behörde einen Flüchtlingsstrom Richtung Polen. Vor der Rada in Kiew demonstrierten zudem Ostukrainer, die nach den Kämpfen in andere ukrainische Regionen geflüchtet waren, für ihre Rechte.

Separatisten organisieren Ausreisen

Ein Ansteigen der Flüchtlingszahlen droht allerdings in jedem Fall: "Wir organisieren selbst die Evakuierung von Menschen. Ich führe Verhandlungen mit den Gebieten Rostow und der Krim", sagte Leonid Baranow, einer der Anführer der "Donezker Volksrepublik". Er widersprach Meldungen, wonach die Separatisten bisher die Flucht von Zivilisten behindert haben. Auch die "Nachbarrepublik" Luhansk will nun die Ausreise von Kindern organisieren. Eine Sprecherin der Luhansker Separatisten erklärte, 600 Kinder würden auf die Krim gebracht, 450 nach Odessa.

Russland fordert die Einrichtung von Flüchtlingskorridoren. Daneben hat Moskau bei der OSZE wegen des Einsatzes von schweren Waffen durch das ukrainische Militär geklagt. Das verstoße gegen die Genfer Konvention, kritisierte der russische OSZE-Vertreter Andrej Kelin.

Präsident Wladimir Putin forderte derweil Wahlsieger Petro Poroschenko auf, die Kämpfe in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden. Immerhin will Russland zu Poroschenkos Amtseinweihung den vor drei Monaten abberufenen Botschafter nach Kiew senden. (André Ballin, DER STANDARD, 6.6.2014)