François Hollande übte sich am Donnerstagabend in der hohen Kunst der "Staffetten-Diplomatie": Um 19 Uhr traf der französische Präsident Barack Obama in einem Nobelrestaurant an den Champs-Élysées. Auf dieses "Dîner" sollte zwei Stunden später im Élysée-Palast ein "Souper" folgen - was in etwa das Gleiche bedeutet, doch der zweite Staatsgast war ein anderer: Wladimir Putin.
Am Freitag dürften sich der US- und der russische Staatschef zwar zum 70. Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie an einen gemeinsamen Mittagstisch setzen - mehr als einen Handschlag wird es aber kaum geben. Obama und die britische Königin Elizabeth II hatten klargemacht, dass sie dem russischen Präsidenten aus dem Weg gehen wollen.
Putins Interview mit dem Fernsehsender TF1 hatte das "Klima des kalten Krieges", das französische Medien orteten, auch nicht zu befrieden vermocht: Die USA unterhielten auf der ganze Welt Militärstützpunkte und verfolgten die "aggressivste und härteste Politik", so Putin. Und an die Adresse von Ex-Außenministerin Hillary Clinton, die Putin mit Hitler verglichen hatte, richtete er die Worte: "Es ist vorzuziehen, nicht mit Frauen zu debattieren." Um noch einen draufzusetzen: "Für eine Frau ist Schwäche nicht so sehr ein Mangel." Ob er auch eine Schwäche darin sieht, dass ihn Angela Merkel am Freitag treffen will, muss sich weisen.
Nationale Interessen waren verantwortlich, dass Hollande nicht wirklich zwischen den Fronten zu vermitteln vermochte. Gegenüber Obama plädierte er vor allem für die größte französische Bank BNP Paribas, der in den USA eine Milliardenstrafe wegen Verletzung des Iran-Embargos droht. Und gegenüber Putin musste er darlegen, warum er die internationalen Sanktionen gegen Moskau mitträgt - aber zugleich zwei bestellte Kriegsschiffe für 1,2 Milliarden Euro an Russland liefern will.
Rüstungsdeal mit Moskau
Diese knifflige Lage wird auch noch komplizierter, seitdem in Paris wie anderswo Rufe ertönen, Frankreich solle diesen Rüstungsdeal stornieren. Putin erklärte in besagtem TF1-Interview, er sei bereit, Frankreich weitere Militäraufträge zu erteilen. Unausgesprochen im Raum stand, dass dies aber wohl auch einen politischen Preis hat.
Wenn Hollande als ehrlicher Makler zwischen Ost und West also nicht in Frage kommt, müssen andere ans Werk: "Bald wird es noch dazu kommen", meinte ein Diplomat, "dass die Verbündeten des Zweiten Weltkriegs ausgerechnet durch die Deutschen unter Merkel versöhnt werden müssen." Wohlgemerkt, für Putin: durch eine Frau. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 6.6.2014)