Bild nicht mehr verfügbar.

Alijew hielt sich zuletzt in Griechenland auf. Donnerstagabend wurde er nun in Wien verhaftet.

Foto: APA/HD/Tatic

Wien - Der unter Mord- und Folterverdacht stehende kasachische Ex-Botschafter in Österreich, Rakhat Alijew (heute Shoraz), ist am Donnerstagabend in Wien festgenommen worden. Alijew habe sich "freiwillig" gestellt weil er "kooperieren" wollte, teilte Manfred Ainedter, einer seiner Rechtsvertreter, in der Nacht auf Freitag mit. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Festnahme, am Freitag verhängte das Wiener Landesgericht für Strafsachen Untersuchungshaft über Alijew.

Alijew sei am späten Donnerstagabend am Flughafen Wien "freiwillig erschienen". Er habe ständig mit den österreichischen Behörden kooperiert und sei bei Vorliegen des Haftbefehls sofort bereit gewesen, sich zu stellen.

"Er ist in weniger als 12 Stunden in Österreich gewesen", sagte Anwalt Otto Dietrich laut dem Ö1-Bericht. Alijew sei noch in der Nacht aus Griechenland nach Österreich geflogen, auch weil befürchtet wurde, dass er von den griechischen Behörden festgenommen und an Kasachstan ausgeliefert wird. Alijew wurde von der Polizei an die Justizanstalt Wien-Josefstadt überstellt.

Ermittlungen wegen Mordverdachts

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte am 19. Mai einen europaweiten Haftbefehl gegen Alijew erlassen. Ermittelt wird wegen Mordverdachts. Hier könnte eine Anklage erfolgen. Eine Auslieferung an Kasachstan steht nicht zur Diskussion, dagegen wurde rechtskräftig entschieden, hieß es aus der Staatsanwaltschaft.

Am Freitag wurde zudem die Verhaftung zweier weiterer Kasachen publik. Darunter soll auch der ehemalige kasachische Geheimdienstchef Alnur Mussajew sein, berichtete das Ö1-Mittagsjournal.

Hintergrund

Der Fall Alijew beschäftigt die österreichische Justiz und Politik seit Jahren. 2002 kam der damalige Schwiegersohn des autoritären Präsidenten Nursultan Nasarbajew als Botschafter nach Österreich. Anfang 2007 fiel Alijew bei Nasarbajew in Ungnade.

Am 26. März 2008 waren Alijew und Mussajew wegen Planung eines Staatsstreichs in Abwesenheit von Kasachstan zu 20 Jahren Straflager verurteilt worden. Von Juli bis September 2008 gab es drei gescheiterte Entführungsversuche gegen Mussajew und den Alijew-Vertrauten Vadim Koschljak in Wien. Laut dem österreichischen Verfassungsschutz wurden die Versuche vom kasachischen Geheimdienst "finanziert, koordiniert und in Auftrag gegeben".

Die kasachische Justiz verlangt Alijews Auslieferung wegen der Entführung zweier - später tot aufgefundenen - Bankmanager, die aber von Österreich zwei Mal aufgrund der Menschenrechtslage in der Ex-Sowjetrepublik abgelehnt wird. Im Juli 2011 leitet die österreichische Ermittlungen gegen Alijew wegen Mordes ein, doch hat sich der Ex-Botschafter bereits nach Malta abgesetzt.

Skype-Gespräch belastet Alijew

Ein offenbar geheim aufgezeichneter Mitschnitt eines Skype-Gesprächs zwischen Ex-Geheimdienstchef Mussajew und einer zweiten Person soll Alijew bezüglich des Mordverdachtes nun massiv belasten, meldete das Ö1-Mittagsjournal. Gerald Ganzger von der Kanzlei Lansky, die die Witwen der ermordeten Bankmanager vertritt, habe Akteneinsicht nehmen können und kenne den Inhalt der Aufzeichnungen. Darin soll Mussajew seinem Gesprächspartner mitteilen, dass er den Aufenthaltsort der Leichen der Bankmanager kenne und auch über ein schriftliches Geständnis von Alijew verfüge.

Gegen Geld und freies Geleit wolle er Kasachstan den Fundort bekannt geben, schildere demnach Ganzger. Ein Stimmgutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft soll die Echtheit der Gespräche bestätigen, so Ganzger. Die Opfervertreter rechnen nun mit einer Anklage. Alijews Anwalt Dietrich weist diese Vorwürfe laut Ö1 jedoch zurück: "Die kasachische Seite hatte sieben Jahre Zeit, um Beweismittel hervorzubringen. Wir gehen davon aus, dass auch dieses Gespräch nicht echt ist und müssen damit rechnen, dass es sich um ein gefälschtes Beweismittel handelt."

Die Staatsanwaltschaft ermittelt unterdessen weiterhin gegen Rechtsanwalt Gabriel Lansky wegen des Verdachts nachrichtendienstlicher Tätigkeiten für Kasachstan. Jene gegen den ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer wurden laut Staatsanwaltschaft eingestellt. Auch er stand unter Verdacht, das kasachische Regime mit vertraulichen Dokumenten im Fall Alijew versorgt zu haben. Gusenbauer hatte von Anfang an von bösartigen Verleumdungen gesprochen. (APA/red, derStandard.at, 6.6.2014)