Ob die Entscheidung für Katar aufrecht bleibt, ist eine Frage mit immer ungewisserer Antwort.

Foto: Katar

London -Mit neuen Korruptionsvorwürfen rund um die Vergabe der Fußball-WM 2022 nach Katar gerät der Weltverband (FIFA) weiter unter Druck. Wie die englische Zeitung "Sunday Times" berichtet, soll der frühere katarische Spitzenfunktionär Mohamed bin Hammam weitere 1,7 Millionen Dollar für Stimmen aus Asien bezahlt haben.

Außerdem habe er Gespräche auf Regierungsebene mit Thailand für einen Gas-Deal eingefädelt, um sich die Stimme von Exekutivmitglied Worawi Makudi zu sichern. Auch von einem Treffen mit russischen Vertretern einen Monat vor der umstrittenen Abstimmung im Dezember 2010, bei dem es um "bilaterale Beziehungen" zwischen den beiden Ländern im Sport ging, ist die Rede. Beide Länder erhielten den Zuschlag für 2018 und 2022.

Am Montag meldete sich FIFA-Präsident Joseph Blatter zu Wort. Der Schweizer warnte in einer Rede vor Kritikern, die die FIFA angeblich "zerstören" wollen. "Sie wollen zerstören, nicht nur das Spiel, sie wollen auch die Institution zerstören, weil unsere Institution so stark ist", sagte der 78-Jährige in Sao Paulo vor den Delegierten der Asiatischen Fußball-Konföderation AFC.

Beckenbauer angeblich umworben

Bin Hammam soll auch um die Gunst von Franz Beckenbauer und UEFA-Präsident Michel Platini geworben haben, so die "Times". Nur ein paar Monate nach dem Zuschlag für Katar als Gastgeber der WM 2022 sei Beckenbauer im Juni 2011 auf Einladung von bin Hammam zusammen mit Vorständen der unter anderem im Reedereigeschäft tätigen E.R. Capital Holding in Katar gewesen.

Beckenbauers Management wollte sich am Sonntag zu Details der Enthüllungen nicht äußern und verwies auf eine Stellungnahme des 68-Jährigen von vergangener Woche. "Ich habe nie für Katar oder für bin Hammam gearbeitet", hatte die deutsche Fußball-Legende gesagt. Beckenbauer habe vom 1. April 2011 bis Ende März 2014 als Berater und Botschafter für die E.R. Capital Holding gearbeitet. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte der "Sunday Times", das Treffen habe sich um eine mögliche Zusammenarbeit mit katarischen Investoren im Schifffahrtssektor gedreht. Ein Vertrag sei dabei nicht zustande gekommen.

Sanktionsforderung bei Nicht-Kooperation

Beckenbauer, der bei der WM-Vergabe im Dezember 2010 als Mitglied in der Exekutive des Weltverbandes (FIFA) saß, hat bisher nicht offenbart, welchem Kandidaten er seine Stimme gegeben hat.

Der britische FIFA-Vize-Präsident Jim Boyce forderte im Gespräch mit der Tageszeitung The Telegraph eine Sanktionierung Beckenbauers, sollte dieser als ehemaliger FIFA-Funktionsträger nicht mit FIFA-Chefermittler Michael Garcia kooperieren.

Dieser würde nicht vor dem großen Namen Beckenbauer Halt machen, hieß es in der "Welt". Auch das deutsche FIFA-Exekutivmitglied Theo Zwanziger schließt eine Untersuchung der Ethikkommission gegen Beckenbauer nach dem Bericht der "Sunday Times" nicht aus.

Platini streitet Termin ab

Wie die "Sunday Times" weiter berichtet, habe Bin Hammam auch einen persönlichen Termin des katarischen WM-Bewerbungskomitees bei UEFA-Präsident Platini im Oktober 2010 in Nyon arrangiert. Diese Behauptung wies der Boss der Europäischen Fußball-Union zurück. Bin Hammam sei nicht persönlich bei ihm gewesen und habe auch nicht um ihn geworben, versicherte Platini.

Erst in der vergangenen Woche hatte die Zeitung berichtet, dass Bin Hammam fünf Millionen Dollar an Offizielle für die Unterstützung von Katars WM-Bewerbung gezahlt habe. Außerdem soll er dem ehemaligen Exekutivmitglied Reynald Temarii aus Tahiti 305.000 Euro für Anwaltskosten gezahlt haben.

Warten auf Kommiteebericht

Die FIFA wollte sich nach einer Sitzung des Exekutivkomitees zu den Vorwürfen nicht äußern. Man werde vor einer Stellungnahme die Arbeit des Ethikkomitees abwarten. Garcia will am Montag seine Untersuchungen abschließen und sechs Wochen später einen Bericht vorlegen. Die aktuellen Enthüllungen werden dafür keine Rolle mehr spielen. Garcias unabhängige Kommission ermittelt seit über einem Jahr, im März entging der Anwalt anscheinend Absetzungsversuchen.

Das WM-Organisationskomitee von Katar hatte zuletzt betont, dass Bin Hammam im Bewerbungsverfahren keine Rolle gespielt habe.

Sony fordert Aufklärung

Als erster großer FIFA-Sponsor forderte unterdessen Sony eine Aufklärung der Korruptionsvorwürfe um die WM 2022 gefordert. "Als FIFA-Partner erwarten wir, dass diese Vorwürfe angemessen untersucht werden", zitierte die "Sunday Times" aus einer Erklärung des japanischen Elektronikkonzerns.

"Wir sind zuversichtlich, dass diese Untersuchung mit hoher Priorität behandelt wird", teilte unterdessen der Sportartikelhersteller Adidas mit. Das Unternehmen mahnte: "Der negative Tenor der öffentlichen Debatte derzeit über die FIFA ist weder für Fußball, noch für die FIFA, noch für deren Partner gut." (APA/red, 9.6.2014)