Das klassische Männerunterhemd wird von Männern und Frauen kontroversiell gesehen.

Foto: Lukas Friesenbichler

Pro

Von Julia Herrnböck

Rooooooooooaaaaar. Während der Kollege verzweifelt versucht, seiner Powerpointjahresabschlusspräsentation Leben einzuhauchen und sich zweckdienlich über den Besprechungstisch räkelt, hat der Zentimeter Feinripp in seinem Ausschnitt meine volle Aufmerksamkeit. Das Unterhemd, ureigenstens Kleidungsstück des Mannes, verleitet - so wie das Aufblitzen zarter Spitze im Damendekolleté- umgekehrt zu sinnlichen Tagträumen.

Der Coca-Cola-light-Mann tänzelt vor meinem inneren Auge, wenn ich es erahnen kann, das Unterhemd unter dem Hemd. Als freud- und gar lustlos verschrien, besticht es gerade durch seine Schlichtheit. Doch nur das verborgene Unterhemd vermag uns Frauen (und nicht abgeneigte Männer) voller Unschuld daran zu erinnern, was sich unter dem Anzug verbirgt, ohne den Träger zu verhöhnen.

Der Punkt ist: Es muss unter dem Hemd bleiben. Frau will weder sehen, wie sich die Rückenbehaarung bis zum Nacken hochkämpft, noch wie sich der Bierbauch ohne Sichtschutz abzeichnet.

Kontra

Von Gianluca Wallisch

Es ist ja den allermeisten gar nicht bewusst, wie heikel das Herrendekolleté ist. Nämlich noch viel heikler als jenes der Damen. Da kann man viel falsch machen. Nämlich alles.

Und das wissen wir Männer; daher sind wir dazu verleitet, es verschämt hinter exquisiter Baumwolle zu verbergen. Und es ist praktisch: Der Mann von Welt kann dann ein Hemd "locker" einen weiteren Tag anziehen, denn der miachtlerte Männerschweiß wird von saugstarkem Feinripp aufgefangen.

Stylingmäßige Nachteile werden schweren Herzens in Kauf genommen: Da blitzt der verwaschene, teils ausgefranste Leiberlkragen hervor. Und das schaut leiderleiderleider patschert, ja nachgerade peinlich aus. Das sage ich nicht nur als Frauenversteher, sondern auch auf der Basis intensiv-repräsentativer Befragungen im Bekanntinnenkreis. Also bitte: Drunter bitte eher gar nichts tragen. Hervorblitzen darf nur gepflegte Männerbrust. Entweder en nature oder penibelst rasiert. (Rondo, DER STANDARD, 13.6.2014)