Wien - Gegen den ehemaligen Doppelolympiasieger Peter Seisenbacher wird wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte am Dienstag einen entsprechenden Bericht von laola1.at. Seisenbacher hatte als erster Judoka bei zwei aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen Gold geholt und ist einer der erfolgreichsten Sommersportler Österreichs.

Nach den beiden Olympia-Titeln, einem WM-Erfolg und acht EM-Medaillen (einmal Gold, dreimal Silber, viermal Bronze) war Seisenbacher Trainer geworden, Anfang der 2000er-Jahre auch bei einem Verein in Wien. Auf diese Zeit bezieht sich die Sammelklage, in der offenbar mehrere Mädchen Seisenbacher schweren sexuellen Missbrauch worwerfen. Seisenbacher war vorerst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Verbandschef "zutiefst betroffen"

Der Präsident des Österreichischen Judo-Verbands (ÖJV), Hans Paul Kutschera, reagierte bestürzt. Er hoffe, dass sich die Vorwürfe als unrichtig herausstellen, und sagte die volle Unterstützung des Verbands bei der Aufklärung des Falles zu.

"Diese Nachricht hat Österreichs Judofamilie wie einen Blitz getroffen. Peter Seisenbacher ist für viele Menschen in Österreich ein Ausnahmesportler, der es in einer Weltsportart geschafft hat, zwei olympische Goldmedaillen zu gewinnen", erklärte Kutschera in einer Aussendung. "Wir hoffen, dass sich die Vorwürfe gegen das österreichische Aushängeschild im Judosport in Sachen Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs nicht bewahrheiten. Selbstverständlich werden wir alles unternehmen, bei der Aufklärung des Sachverhalts unterstützend behilflich zu sein."

Außerdem legte der Verband wert auf die Feststellung, dass es derzeit keinen Kontakt und/oder Informationsaustausch mit Seisenbacher gebe.

Sporthilfe-Chef

Der 1960 geborene Seisenbacher holte 1980 bei der Europameisterschaft in Wien mit Silber seine erste Medaille. Am 9. August 1984 wurde der gelernte Goldschmied in Los Angeles Olympiasieger. Seine fünf Kämpfe in der Klasse bis 86 kg erledigte Seisenbacher in insgesamt nur zwölf Minuten und zehn Sekunden.

"Ich wollte gegen jeden so schnell wie möglich gewinnen, um Kraft zu sparen. Und ich bin dadurch einfach nie müde geworden. Bis zum Finale nicht", erklärte er damals sein Erfolgsrezept. Trotz zweier schwerer Knieoperationen und dank Technik, Kampfgeist und Erfahrungsschatz verteidigte Seisenbacher den Olympia-Titel am 29. September 1988 in Seoul und schrieb Sportgeschichte. "Ich habe mich immer auf meinen nächsten Kampf konzentriert und dass ich volle Wäsche geh'", sagte Seisenbacher nach seinem historischen Triumph. (APA/red, 10.6.2014)