Wien - Der Vorwurf lautet Mord. Zwei Bankmanager soll der ehemalige kasachische Botschafter in Österreich, Rachat Alijew, auf dem Gewissen haben, es gilt die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte seit Juli 2011 ermittelt, vor elf Tagen, in der Nacht von 5. auf 6. Juni erfolgte schließlich die Festnahme Alijews am Flughafen Schwechat. Untersuchungshaft wurde gleich aus mehreren Gründen verhängt: Fluchtgefahr, Tatbegehungsgefahr und Vertuschungsgefahr. Außerdem wurden zwei weitere Kasachen festgenommen - Alijews ehemaliger Leibwächter und Alnur Mussayev, ehemaliger Geheimdienstchef in Kasachstan. Auch er wird mit den Geldwäschevorwürfen und den Morden an den Bankmanagern der Nurbank in Verbindung gebracht.
Bei einer Hausdurchsuchung bei Mussayev entdeckte die Polizei nun auch die Kopie eines handschriftlichen Geständnisses. Darin soll sich Alijew zu den Morden an den Nurbank-Managern bekennen. In aufgezeichneten Skype-Gesprächen, deren Echtheit laut Gutachten bestätigt wurde (DER STANDARD berichtete), zwischen Mussayev und einem weiteren Kasachen aus dem Jahr 2010 wird dieses Schriftstück erörtert. "Das Geständnis stammt nicht von Alijew", sagt jedoch sein Anwalt Otto Dietrich und weist die Vorwürfe im Gespräch mit dem Standard zurück.
Opferanwälte: Durchbruch
Für die Anwälte, die die Witwen der verstorbenen Bankmanager vertreten, ist das trotzdem - wie die Festnahme Alijews überhaupt - ein Durchbruch in dem sich bereits über Jahre erstreckenden "Kriminalfall", wie ihn Gabriel Lansky bezeichnet. Doch warum sollte Alijew so unvorsichtig sein und den Mord an den beiden Bankmanagern schriftlich zugeben? Eine konkrete Antwort darauf können die Anwälte nicht geben. "Alijew hatte offenbar einen Grund, das zu schreiben", sagt Gerald Ganzger, will sich aber an keinen weiteren Spekulationen beteiligen. "Wir haben kein Wissen darüber, wie das Geständnis entstanden ist", sagt auch Lansky. Aufgrund der Aktenlage sei aber "erkennbar", dass Mussayev mit dem Beweisstück "handeln" und dieses zu Geld habe machen wollen. "Es war eine Waffe in seiner Hand", so Lansky. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte auf Anfrage der APA die Existenz dieses Beweisstücks nicht.
Die Opferanwälte freut jedenfalls, dass für sie nun der Beweis erbracht ist, dass sich Alijew seine Rolle des Opfers über Jahre nur konstruiert habe. Dafür führen sie Berichte des Bundeskriminalamts an. Dort heißt es, die Argumentation Alijews, die Beschuldigungen gegen ihn seien nur politisch motiviert, sei nicht haltbar. "Die Geschichte hatte Alijew jedoch fast zum Erbrechen wiederholt", so Ganzger. "Alijew hat seine Pseudogeschichte als Oppositionsheld nur erfunden", sagt auch Lansky und zitiert einen ehemaligen US-Botschafter in Kasachstan, dessen Aussagen dies ebenfalls belegen würden.
"Unfassbare Arbeit"
Eine Haftprüfung in der Causa Alijew ist nun für den 20. Juni angesetzt. Lansky rechnet mit einer Anklage gegen Alijew und seine Mitarbeiter: "Alles andere wäre eine große Überraschung." Die österreichische Justiz lobt der Opferanwalt: "Das Bundeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft haben unfassbare Arbeit geleistet." (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 17.6.2014)