Pariser Bistroterrassenstühle im Klosterneuburger Schanigarten: das Frey am Stadtplatz.

Foto: Georges Desrues

Calamari mit cremiger Polenta und Paprikawürfeln.

Foto: Georges Desrues

Eigentlich hätte die ehemalige ORF-Moderatorin Nora Frey schon vergangenen Herbst unter die Wirten gehen wollen: Die Presseaussendungen für ihr als Gemeinschaftsprojekt mit den Veggie-Spezialisten vom Tian in Klosterneuburg geplantes Restaurant waren schon verschickt, als es, dem Vernehmen nach wegen Problemen bei der Betriebsanlagengenehmigung, erst verschoben und schließlich ganz abgesagt wurde. Seit drei Wochen hat es nun als "Frey" geöffnet - und ist richtig schön geworden. Das schmucke Haus geht auf das Jahr 1236 zurück, es liegt mitten am Stadtplatz von Klosterneuburg und hat einen prächtigen Schanigarten mit Pariser Bistroterrassen-Stühlen und Sonnenschirmen, die ganz ohne die sonst unvermeidlichen Werbebotschaften auskommen.

Günther Fuchs in der Küche

Innen geht es überhaupt sehr stilvoll zu - wer sich an die zuvor an dieser Adresse beheimatete Druckerei erinnert, wird den Ort nicht wiedererkennen. Da wurden mit großem Aufwand allerhand alte Sandsteinsäulen, Gewölbe und andere bauliche Details aus der über Jahrhunderte immer wieder veränderten Substanz geschält. Von oben strömt viel Licht durch zwei Dachfenster, an der Stirnseite wurde eine offene Küche eingebaut, der Boden mit Naturstein ausgelegt. In Kombination mit hübschen, samtbezogenen Stühlen macht das sehr ordentlich was her - in Sachen Flair könnten sich etliche Wiener Adressen etwas abschauen.

Für die Küche wurde mit Günther Fuchs ein Mann engagiert, der zuvor einen Job hatte, für den ihn wohl viele beneiden: Als Privatkoch des legendären Playboys, Fotografen und Privatgelehrten Gunther Sachs war er über Jahre zwischen Marbella, St. Tropez, London und St. Moritz unterwegs, damit der Industrieerbe auch ja immer seine geliebten Tafelspitze und Kaiserschmarren abrufbereit wissen durfte. Mittlerweile ist Fuchs "im Hauptberuf" Lehrer an der Tourismusschule in Speising.

Surimi-Brocken

Da tut sich natürlich eine ziemliche Schere auf: hier die Welt des Jetset, von der man hienieden annimmt, dass alles und immer nur exquisit zu sein hat, und da jene Berufsschule, wo man es mutmaßlich ein bisserl billiger geben muss. Das gastronomische Profil des Frey kommt irgendwo dazwischen zu liegen. So gibt es eine "andalusische Meeresfrüchtesuppe", die verheißungsvoll nach großer Welt klingt, sich dann aber als eher dünnes Wässerchen entpuppt, in dem neben ein paar Muscheln und Fischflankerln auch der eine oder andere Surimi-Brocken schwimmen darf. Gut, um 4,60 Euro wäre es wohl vermessen, mehr zu erwarten.

Veganer und Vegetarier werden mit einer ganzen Reihe von Gerichten gelockt - dass dann das Erdäpfelpüree zur (hauchdünnen) Schnitte vom Mangalitza-Schwein ebenfalls mit Sojamilch und ohne Butter gerührt ist, werden Nichtveganer vielleicht nicht ganz so mollig finden. Die Calamari zur "cremigen Polenta" (Bild links) haben eine Idee zu viel Hitze abbekommen, die dazu versprochenen "provenzalischen Paprika" erweisen sich als bunte, rohe Paprikawürfel, die unter den Maisbrei gemischt wurden.

Die Klosterneuburger scheinen derlei Anfangswehwehchen nicht zu kümmern - sie stürmen das Lokal seit dem Tag der Eröffnung. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 20.6.2014)