Auf den Frachtschiffen der Hamburg Sud, des Reederei-Arms von Dr. Oetker, werden nicht nur Pizza, Backpulver oder Kuchenglasur über die Weltmeere geschippert. Mit der Containerschifffahrt macht das Unternehmen rund die Hälfte des Konzernumsatzes, auch wenn die Geschäfte derzeit wegen der Schifffahrtskrise etwas schlechter laufen.

Foto: Hamburg Sud

Pudding, Pizza, Backutensilien. Wer Dr. Oetker hört, denkt an glühende Herdplatten und dampfende Kochtöpfe. Dampfende Hochseefrachter hingegen fallen einem nicht sofort ein. Dabei macht der deutsche Konzern fast die Hälfte des Umsatzes mit seiner hauseigenen Reederei Hamburg Süd.

Zuletzt lief das Geschäft in den Weiten der Weltmeere nicht mehr ganz so glatt. Der Umsatz ging im vergangenen Geschäftsjahr leicht zurück. Sinkende Frachtraten und Überkapazitäten setzen der Hochseetransportbranche schon länger zu.

Backpulver auf hoher See

Seit Anfang der 1950er Jahre erkundet Dr. Oetker die See. Rudolf August Oetker, in dritter Generation Chef des Backpulver-Unternehmens, in jüngster Vergangenheit wegen seine Rolle im Nationalsozialismus im Gespräch, vergrößerte damals sukzessive das Aktienpaket seines Stiefvaters. Schlussendlich gehörten ihm 49 Prozent an der Reederei Hamburg Süd, im Jahr 1955 übernahm Dr. Oetker das Frachtschifffahrtsunternehmen zur Gänze.

Mit den Riesen-Schiffen werden seit damals Güter in die große weite Welt verschifft oder in den Hamburger Hafen geholt. Dabei entspringt das Kerngeschäft des Bielefelder Familienunternehmens keineswegs der großen weiten Welt, sondern dem trauten Heim am Herd. Der Großvater des Seefahrers Oetker, Dr. August Oetker, war Apotheker. Er hat zwar nicht das Backpulver erfunden, aber 1891 begann er, das von ihm hergestellte Backpulver in kleinen Sackerln zu verpacken. Eine gewinnbringende Idee, wie sich herausstellen sollte. Damit eroberte das Unternehmen nicht nur die Küchen und Backöfen, sondern gute 60 Jahre später auch die Weltmeere.

Als Augusts Enkel Rudolf A. seine Reederei-Pläne umsetzte, wurde er argwöhnisch beäugt von alteingesessenen Reedern in Hamburg. Wie das Nachrichtenmagazin Spiegel in einem Unternehmensporträt aus dem Jahr 1957 zu berichten weiß, spottete die Konkurrenz und hatte für Oetker und seine Schiffe einen unfreundlichen Namen bereit: die Backpulverflotte. Laut dem Spiegel-Bericht entsprang Rudolf August Oetkers maritime Expansionslust nicht ausschließlich seiner Liebe zum Meer.

Steuerschonend

Der Einstieg in das Geschäft mit der Seefracht brachte Dr. Oetker auch steuerliche Erleichterungen. In der Nachkriegszeit explodierten die Gewinne des Unternehmens. Durch das "Gesetz über Darlehen zum Bau oder Erwerb von Handelsschiffen" konnte Geld, das zum Bau oder Kauf von Schiffen verwendet wurde, vollständig vom steuerpflichtigen Gewinn abgesetzt und damit steuerschonend weiterverwendet werden.

Mittlerweile zählen zum Mischkonzern Dr. Oetker knapp 400 Unternehmen, darunter zum Beispiel die Sektkellerei Henkell mit Marken wie Wodka Gorbatschow oder auch eine Chemiefabrik. Insgesamt beschäftigt der Konzern 27.000 Mitarbeiter, die größte Sparte ist die Reederei Hamburg Süd.

Branche in Seenot

In der Branche kriselt es seit Jahren. Immer mehr und immer größere Frachter setzen den Preisen für die Überfahrt von Waren zu. In Zeiten der Konjunkturflaute, wie sie im Windschatten der Finanzkrise einsetzte, müssen die Reedereien alles tun, um ihre Riesen-Schiffe mit Warenladungen zu füllen. Dabei unterbieten sie sich gegenseitig, am Ende bleibt oft kaum mehr Gewinn übrig. Zudem verdränge die Großen die kleineren Schiffe im Fernverkehr. Diese fahren dann auf anderen Routen, auf denen sie die noch Kleineren an die Wand fahren.

Ein Ende der Krise, die bald ins siebte Jahr geht und damit länger dauert als alle bisherigen, ist nicht in Sicht. Analysten gehen nicht davon aus, dass eine Erholung vor 2015 einsetzen wird.

Dr. Oetker hat jedenfalls vor, der Krise zu trotzen und hält weiterhin an der Reederei fest. Der Konzern könne sich momentan nicht vorstellen, sich von einer Sparte zu trennen, heißt es aus dem Unternehmen. (Daniela Rom, derStandard.at, 19.6.2014)