Wien - Die geplante Reform der Untersuchungsausschüsse sorgt weiter für Diskussionen. Ein für die Koalition obligater Bestandteil soll die "Geheimschutzordnung" für den Umgang mit vertraulichen Unterlagen sein. Sollte vertrauliches Material veröffentlicht werden, sollte das auch "Folgen" für die Medien haben.

Die fünf Parlamentsparteien verhandeln Dienstagvormittag über den Vorschlag, der vier Geheimhaltungsstufen ("Eingeschränkt", "Vertraulich", "Geheim", "Streng Geheim") vorsieht. Angedacht wird auch ein komplettes mediales Verwertungsverbot für bestimmte Unterlagen. Die Koalition sieht die Geheimschutzordnung als Vorbedingung für das Minderheitenrecht auf Untersuchungsausschüsse.

Spannungsverhältnis

Der Medienanwalt Alfred Noll betrachtet das "Verwertungsverbot" mit Skepsis. "Die grundsätzliche Frage muss lauten: Soll ein U-Ausschuss öffentlich sein oder nicht?" Eine Umsetzung würde aus seiner Sicht "zu einer Verschärfung" führen.

Bei öffentlichen U-Ausschüssen wäre ein Verwertungsverbot nicht zielführend, wie Noll im Gespräch mit der APA erläuterte. "Das passt nicht zusammen. Ein Verwertungsverbot kann nur dort eine Rolle spielen, wo der U-Ausschuss für sich entschließt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattzufinden." Das stehe allerdings im "Spannungsverhältnis dazu, was das Parlament überhaupt soll". Noll selbst hat sich bereits mehrfach als Befürworter einer Abschaffung des Amtsgeheimnisses positioniert. Sollte dies auch umgesetzt werden, "dann sehe ich nicht das Bedürfnis nach vertraulichen Behördenakten".

"Was darf ich und was darf ich nicht?"

Anders liege der Fall bei Firmenunterlagen: Betriebsgeheimnisse seien ohnedies strafrechtlich geschützt und würden daher kein Verwertungsverbot notwendig machen. Die Watchdog-Funktion der Medien könnte bei einer Umsetzung aus seiner Sicht jedenfalls eher eingeschränkt werden. "Das Hauptproblem ist dabei die antizipatorische Schere im Kopf: Was darf ich und was darf ich nicht", unterstrich Noll.

Dass eine Missachtung des Verwertungsverbotes auch "Folgen" für Medien haben könnte, wie ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka ankündigt hat, sieht wiederum der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) kritisch. "Die Kontrollfunktion der Medien darf nicht kriminalisiert werden", betonte VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger gegenüber der APA. "Das wäre ein verheerendes Signal."

"Grundsätzlich der falsche Weg"

Die geltenden Bestimmungen im Medienrecht seien Grünberger zufolge ausreichend. "Sofern es nicht dem Schutz zentraler sicherheitspolitischer Interessen des Landes dient, ist es grundsätzlich der falsche Weg, Berichterstattung einzuschränken." Stattdessen würde mehr Transparenz den politischen Institutionen in Österreich nützen. "Geheimniskrämerei ist ein Nährboden für Misstrauen und Skepsis, gläserne politische Institutionen können hingegen das Vertrauen der Bürger in den Staat festigen. Die Devise muss daher lauten: Mehr Transparenz und weniger Geheimniskrämerei."

Der Vorstand der Vereinigung der Parlamentsredakteure warnt vor einer Einschränkung der Berichterstattung aus dem Parlament im Zuge der geplanten Geheimschutzordnung. Die Öffentlichkeit sei unverzichtbarer Bestandteil des Parlamentarismus, der demokratischen Kontrolle und damit auch von Untersuchungsausschüssen, heißt es in einer Stellungnahme. "Die Vereinigung lehnt daher Beschränkungen der Öffentlichkeit und der Berichterstattung - von wenigen gut begründeten und taxativ aufgezählten Ausnahmen abgesehen - ab. Vor allem aber verwahrt sie sich gegen eine Kriminalisierung ihrer Mitglieder, wenn diese ihrer ureigensten Aufgabe, nämlich der Information aus dem Parlament, nachgehen."

FPÖ gesprächsbereit

Die Grünen fürchten, dass die Geheimschutzordnung dazu führen könnte, dass Untersuchungsausschüsse künftig großteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten werden, was ein klarer Rückschritt hinter die bisherige Regelung sei.

Die FPÖ zeigt sich beim Verwertungsverbot gesprächsbereit. Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer würde es auch auf bestimmte Unterlagen der Justiz ausdehnen, wie er der APA sagte. Zwar betont Hofer, dass nicht alle Ermittlungsakten generell als geheim eingestuft werden sollen. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte sei aber nötig.

Grundsätzlich betont Hofer allerdings, dass auch mit einer neuen Geheimschutzordnung nicht alle Unterlagen der Justiz automatisch als geheim eingestuft werden dürften. Es brauche "so viel Öffentlichkeit wie nur irgendwie möglich und so viel Geheimhaltung wie dringend nötig". Hofer würde daher von den Ermittlern erhobene Fakten durchaus öffentlich im U-Ausschuss erläutern. Allerdings müssten Persönlichkeitsrechte gewahrt werden, und es dürfe nicht zu Verdächtigungen kommen. (APA/red, derStandard.at, 21.6.2014)