Die Stippvisite von US-Außenminister John Kerry in Bagdad ruft die Erinnerung an die Jahre nach 2003 wach, als sich die amerikanischen Politiker wie die Diebe in der Nacht aus dem befreiten Irak hinein- und wieder hinausschleichen mussten, aus Sicherheitsgründen immer ohne Vorankündigung. Einstweilen bringt Kerry dem Irak nur dreihundert militärische "Berater" - ein sehr dehnbarer Begriff - mit, und der kriegsmüde Präsident Barack Obama würde es bestimmt gerne dabei belassen. Aber wenn die Isis (Islamischer Staat in Irak und Syrien) ihren Zug in Richtung Jordanien fortsetzt, könnte bald mehr daraus werden.

Derzeit gibt es ein großes Köpferauchen darüber, ob es ein "Fehler" Obamas war, 2011 aus dem Irak abzuziehen. Es ist erstaunlich, wie sich - bewusst platzierte - falsche Geschichtsversionen festsetzen. Obama hat es als erfülltes Wahlversprechen verkauft, als die US-Truppen den Irak verließen. Tatsächlich wäre Washington gerne mit einer gewissen militärischen Stärke im Irak verblieben - aber die Verhandlungen über die Verlängerung des von Präsident George Bush 2008 abgeschlossenen "Status of Forces Agreement", das den Abzug 2011 vorsah, scheiterten.

Damals verweigerte Premier Nuri al-Maliki, auch nach Zuruf aus Teheran, den USA die Immunität für ihre Truppen. Heute würde er sie mit Handkuss gewähren, wenn die Amerikaner zu mehr Engagement bereit wären. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 24.6.2014)