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Dietrich Mateschitz fühlt sich ein wenig wie "Erzherzog Johann von Österreich".

Foto: apa/woitas

Spielberg - Selbst als klar war, dass für Red Bull an diesem Rennsonntag in Spielberg nichts mehr zu holen sein wird, wirkte Dietrich Mateschitz ausgesprochen relaxed. "Ich habe in den letzten zehn Jahren nicht so viele strahlende und lachende Gesichter gesehen wie hier an einem Tag. Das überwiegt alles", sagte Mateschitz, der am Formel-1-Wochenende Huldigungen über Huldigungen entgegennahm. Dietrich Mateschitz, der Retter des Ringes in Spielberg - viel fehlte nicht mehr zur Heiligsprechung.

Er macht sich zwar gerne rar und auf Understatement, aber es ist ja nicht so, dass es Mateschitz nur peinlich ist, wenn er mit solch Ehrerbietung auf den Schild gehoben wird. Irgendwie wähnt er sich ja selbst schon als "der steirische Kaiser", wie in der Spielberg-Sonderausgabe des Mateschitz-Mediums "Red Bulletin" groß getitelt wurde. Ironisch gemeint, aber wohl mit einem Fünkchen Wahrheit dahinter, druckte das "Red Bulletin" ein fiktives Interview mit dem "Steirischen Kaiser - Erzherzog Johann von Österreich".

In der Steiermark gilt der Sohn von Kaiser Leopold II. als verehrter Gönner und Modernisierer. Im gestellten Interview bekannte der Erzherzog, "diese Füßeküsserei habe ich noch nie leiden mögen", aber es stimme schon, "dass ich den Steirern helfen konnte, macht mich natürlich froh". Dann wird "Durchlaucht" um eine Einschätzung des heutigen "Landesfürsten" gebeten. Erzherzog Johann fragt nach, ob er "diesen roter Bullen, diesen Mateschitz" meine. Nein, er habe nach Landeshauptmann Franz Voves gefragt. Das Erzherzog-Johann-Syndrom, von dem Mateschitz durchaus zugibt, dass es von ihm Besitz ergriffen habe, ist für die Region allerdings zweischneidig.

Der von Mateschitz nach Spielberg zurückgebrachte Grand Prix beflügelt zweifelsohne die Region - zumindest an den Renntagen. Die Pensionen und Hotels sind voll, die Landwirte verdienen gutes Geld mit der Vermietung von Parkplätzen auf ihren Wiesen, die Lebensmittelgeschäfte rund um den Ring leben durch die Camper auf - sofern sich diese nicht selbst versorgen. Aber was, wenn der Wanderzirkus wieder weiterzieht? Der Ring bietet zwar über das ganze Jahr Veranstaltungen an - aber alles keine Topseller.

Frage des Atems

Was bleibt, ist die neue touristische Infrastruktur, die Mateschitz aufgezogen hat, die aber den ansässigen Betrieben bald mörderische Konkurrenz machen wird. Denn obwohl im obersten Qualitätssegment bietet Mateschitz alles zu moderaten Preisen an. Er hat im Gegensatz zu den Ansässigen die Luft, auch etliche Jahre defizitär fahren zu können. Wie am Red-Bull-Ring. "Einen Break-even werden wir nie erreichen", sagt Mateschitz, der kürzlich - ohne Details zu nennen - weitere größere Investitionen ankündigt hat. Denkbar, dass die defizitäre Therme in Fohnsdorf in sein Konzept passt, oder der Flughafen, wo sich womöglich durch die Diskussion um die Auslagerung der Luftraumüberwachung neue zivile Möglichkeiten ergeben könnten. In alten Plänen wollte Mateschitz ja eine Flugakademie errichten.

Neben aller Euphorie ist in der Bevölkerung vereinzelt schon leises Unbehagen zu spüren, dass die Region nach der früher alles bestimmenden Verstaatlichten nun in völlige Abhängigkeit zu einem Milliardär geraten könnte. (Walter Müller - DER STANDARD, 24.6. 2014)