Der Denkmalschutz hilft wenig: Der Verfall von Gut Guggenthal schreitet zügig voran.

Foto: Neuhold/Kutil

Unbekannte haben sich mit Stemmeisen an die historischen Steinwappen gemacht.

Foto: Neuhold/Kutil

Salzburg - Die Lage ist einzigartig, die Bausubstanz historisch wertvoll: Am Fuß des Gaisberges, unmittelbar am Stadtrand, thront das Gut Guggenthal als "Guck ins Tal" über der Landeshauptstadt. Trotzdem ist der wuchtige Braugasthof und eine von Valentin Ceconi geplante Villa aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem Verfall preisgegeben. Nur die neugotische Kirche auf dem 92.000 Quadratmeter großen Areal - mit einer Kanzel aus dem romanischen Dom von Salzburg - ist renoviert worden.

Grundsätzlich steht das einst von der Salzburger Weinhändlerfamilie Weickl finanzierte Architekturjuwel mit acht Meter hohen Kuppelsälen im Inneren als frühzeitlicher Industriebau unter Denkmalschutz. Geholfen hat der rechtliche Schutz der Ruine im Gemeindegebiet von Koppl bisher freilich wenig.

"Kulturschande"

Jetzt schlagen aber Anrainer von Guggenthal Alarm. Allen voran Hans Kutil, ehemals Chefredakteur des ORF Salzburg und nunmehr Landesvorsitzender des Naturschutzbundes. Kutil spricht von einer "Kulturschande" und fordert das Bundesdenkmalamt zum raschen Handeln auf.

Unter anderem seien historisch wertvolle Wappenkartuschen von unbekannten Tätern herausgestemmt worden. Auch seien bereits mehrere Lampen gestohlen worden. "Wenn sie schon keine Restaurierung vorschreiben können, so wäre es das Mindeste, dass sie eine wirksame Absicherung der Bausubstanz durch einen Bauzaun verlangen", schreibt Kutil in einem offenen Brief an Landeskonservatorin Eva Hody. Salzburgs oberste Denkmalschützerin war urlaubsbedingt für keine Stellungnahme zu erreichen.

Unklare Zukunft

Dass dem Gut Guggenthal bald der Einsturz droht, hängt auch mit den vielen gescheiterten Revitalisierungsprojekten zusammen. So wollte beispielsweise das Österreichische Verkehrsbüro hier vor rund zehn Jahren ein Hotel- und Gastronomiedorf errichten.

Aus dem Projekt mit einer damals kalkulierten Summe von 44 Millionen Euro ist freilich ebenso wenig geworden wie aus den Träumen des Wiener Projektentwicklers Hubert Czernin. Dieser wollte eine Seilbahn auf den Gaisberg errichten. Für 2012 war die Eröffnung angesagt, Seilbahn gibt es aber bis dato keine.

Völlig unklar ist auch, was die neuen Eigentümer vorhaben. Es handelt sich um drei Salzburger Geschäftsleute, die zumindest Erfahrung in Revitalisierungsdingen mitbringen. Sie haben im Salzburger Stadtteil Kasern aus einer ehemaligen Glockengießerei ein Eventzentrum geformt. In Guggenthal soll die Ansiedelung kleiner Firmen und einer Brauerei geplant sein.

"Autobahnknoten"

Den ersten Schritt zur Zerstörung des einzigartigen Ensembles hat inzwischen aber die Salzburger Landesregierung gesetzt. Unmittelbar vor den historischen Gebäuden lies das Verkehrsressort eine überdimensionierte Abfahrt von der Wolfgangsee-Bundesstraße in die grüne Wiese betonieren. "Ein Autobahnknoten", spottet Kutil im Standard-Gespräch über den Straßenbau; ein einfacher Kreisverkehr hätte es auch getan. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 25.6.2014)