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Chinesische Medien zeigten Mittwoch nur Jubelnde am Flughafen von Taipeh. Tatsächlich wurde gegen den Besuch des Pekinger Politikers Zhang Zhijun auch protestiert

Foto: AP/Chiang Ying-ying

Peking sprach noch vor der Ankunft seines für Taiwanpolitik im Staatsrat zuständigen Ministers Zhang Zhijun von einem "historischen Besuch auf der Insel Taiwan". Der Direktor des "Büros für Taiwan-Angelegenheiten" ist der ranghöchste Pekinger Politiker auf der Insel seit 1949. Am Mittwoch landete er für eine viertägige Visite in Taipeh.

65 Jahre war das nicht möglich: Nach dem von der Kuomintang-Partei verlorenen Bürgerkrieg gegen die Kommunisten unter Mao Tse-tung war Chinas damaliger Präsident Tschiang Kai-schek mit seiner Regierung nach Taiwan geflohen und hatte dort seine Republik weitergeführt. Pekings Führer nannten Taiwan dagegen eine abtrünnige Provinz, die sie immer mit der Volksrepublik wiedervereinigen wollten - wenn nötig, auch gewaltsam.

"Verblasst kaum im Vergleich zu Mondlandung"

Bei dem nun friedlich gewordenen Besuch ihres Parteifunktionärs überschlug sich daher die Propaganda der Volksrepublik. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua verglich die Bedeutung gar mit dem ersten Schritt eines Menschen auf den Mond. Dieser kleine Schritt nach Taiwan würde ein großer für China sein. Die Bedeutung "verblasse kaum" im Vergleich zu jener der Mondlandung.

Richtig daran ist, dass Zhang der erste hochrangige Politiker der Pekinger Regierung ist, der Taiwan besuchen darf. Und dies ist auch schon einziger Fixpunkt der Reise, die zu verbesserten Beziehungen führen soll. Seit 2008 gilt Entspannungspolitik zwischen Taiwan und Volksrepublik.

"Schritt brauchte 65 Jahre"

Dutzende direkte Flüge verbinden täglich chinesische Städte mit Taiwan. Auch Zhang kam per Flugzeug. Kurz danach sagte er: "Ich bin kaum drei Stunden geflogen. Aber wir haben 65 Jahre für diesen Schritt gebraucht." Die Regierungen befinden sich zumindest theoretisch noch immer in dem durch keinen Frieden beendeten "Bürgerkrieg" von 1949.

Die Begeisterung für den illustren Gast hielt sich am Mittwoch auf Taiwan daher auch in Grenzen. Nach seiner Ankunft kam es am Flughafen zu Rempeleien zwischen Befürwortern der Unabhängigkeit und großen Gruppen von Befürwortern der Aussöhnung. Die Kritiker werfen ihrem Präsidenten Ma Ying-jeou, der ein Verfechter einer Annäherungspolitik ist, Kapitulation vor Peking und einen Ausverkauf Taiwans vor.

Pekings Fernsehen zeigte nur den Jubelempfang dieser Gruppen für Zhang am Flughafen. Es zeigte auch nicht die Proteste vor einem Hotel, wo sich Zhang und sein Amtskollege Wang zu ihrem ersten Gespräch treffen wollten.

Von Protesten überrascht

Um den Besuch musste lange verhandelt werden. Peking wurde wie auch die Regierung Ma in Taipeh im März von Protesten tausender Taiwan-Studenten überrascht, von denen 200 drei Wochen lang das Parlament besetzten. Sie protestierten gegen einen nicht ratifizierten Wirtschaftspakt zur Liberalisierung des Dienstleistungswesens. Taiwan mache sich so zu sehr abhängig von China.

Anliegen von Zhang ist daher, die Wogen zu glätten. Er erklärte, bei seinem Besuch keine Verträge unterzeichnen zu wollen. Er wolle viel herumreisen und hören, was die Menschen in Taiwan bewege, erklärte er im Vorfeld seiner Reise. Auf der Agenda des Besuchs von Zhang steht auch, über die Einrichtung fester Verbindungsbüros zu verhandeln.

Überschattet wird seine Visite auch vom jüngsten Zwist Pekings mit Hongkong, wo sich mehr als 700.000 Bürger in inoffiziellen Abstimmungen für demokratische Wahlen 2017 aussprachen. Peking verurteilte diese Abstimmungen und warnte die Hongkonger Bevölkerung unverblümt: Die Politik "Ein Land, zwei Systeme" bedeute in erster Linie, dass alle das tun, was das eine Land - die Volksrepublik - ihnen erlaube. Die Taipei Times sprach am Mittwoch von einer Lehre für Taiwan, Pekings freundlichen Worten und Versprechungen nicht zu trauen. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 26.6.2014)