Abuja/Lagos - Bei einem Anschlag in Nigerias Hauptstadt Abuja sind mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen. Viele der Opfer seien bei dem Angriff auf das Einkaufszentrum "Banex Plaza" bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden oder verbrannt, erklärten Augenzeugen. 17 weitere Menschen wurden laut Behördenangaben verletzt.

Präsident Goodluck Jonathan sagte seine Teilnahme am Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) ab. Er werde noch am Donnerstag aus Malabo in Äquatorialguinea abreisen und in die Heimat zurückkehren, so die Zeitung "Premium Times".

Die Polizei sprach von 21 Toten. Medien berichteten, dass die Zahl der Opfer noch viel höher sein könnte. Obwohl sich zunächst niemand zu der Tat bekannte, soll es sich bei den Attentätern um Mitglieder der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram handeln. Sie seien auf Motorrädern gekommen und hätten einen Sprengsatz im Eingangsbereich des Einkaufszentrums deponiert, sagte ein Behördenvertreter. Die Explosion ereignete sich kurz vor Beginn der Weltmeisterschafts-Begegnung zwischen Nigeria und Argentinien.

Die Extremisten von Boko Haram wollen im Norden des bevölkerungsreichsten Landes Afrikas einen Gottesstaat errichten und lehnen alles Westliche - darunter Lokale mit Alkoholausschank und Sportveranstaltungen - strikt ab.

Es handelte sich um den dritten schweren Anschlag in Abuja innerhalb von zwei Monaten. Im April hatte Boko Haram bei einer Attacke auf einen Busbahnhof im Vorort Nyanya rund 100 Menschen getötet. Wenige Wochen später kamen bei einem Anschlag in der gleichen Region weitere zwölf Menschen ums Leben.

Die Zeitung "Vanguard" zitierte Augenzeugen, wonach die Attentäter den Sprengsatz am Eingang des "Banex Plaza" an einer Stelle platzierten, an dem Taxifahrer für gewöhnlich ihre Gäste aussteigen lassen. Viele Autos rund um das Einkaufszentrum standen stundenlang in Flammen. Das Gebäude wurde abgeriegelt. Über der Innenstadt stieg eine dichte Rauchwolke auf.

Zahlreiche Notfallhelfer waren im Einsatz, unter den Besuchern des Zentrums herrschte Panik. "Ich kann abgerissene Körperteile und einige Leichen auf dem Boden sehen, aber niemand traut sich näher heran, aus Angst vor einer weiteren Bombe", berichtete ein Reporter vom Unglücksort.

Wenige Stunden nach der Explosion töteten Soldaten nach Angaben der Zeitung "Vanguard" einen der mutmaßlichen Täter, der in der Nähe offenbar eine weitere Bombe legen wollte. Zwei weitere Männer seien festgenommen worden, hieß es.

Kurz nach dem Anschlag wurde auch die Wirtschaftsmetropole Lagos von einer Explosion erschüttert. Am Mittwochabend sei dort ein Tanklager in Flammen aufgegangen, berichtete die Zeitung "Punch". Mindestens fünf Menschen seien ums Leben gekommen, als mehrere Tankfahrzeuge in die Luft geflogen seien. Jedoch war zunächst unklar, ob es sich um ein Attentat oder einen Unfall handelte. Ein Augenzeuge sagte aber, dass ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug einen Tankwagen gerammt habe.

Dem Terror der Islamisten sind in den vergangenen fünf Jahren Tausende Menschen zum Opfer gefallen. Zwei Reportern der Zeitschrift "GEO" gelang es nun nach wochenlangen Recherchen erstmals, direkt mit einem Boko-Haram-Kämpfer zu sprechen. Dieser sagte unter anderem, dass die Gruppe mithilfe des Terrornetzwerks Al-Kaida nicht nur den Norden Nigerias unter seine Gewalt bringen werde, sondern "den Sahel in eine Hölle für Ungläubige verwandeln wird. Allah will es so, und wir sind Allahs Diener".

Mitte April hatte die Gruppe im Ort Chibok im Norden des Landes über 200 Schülerinnen entführt, von denen bis heute jede Spur fehlt. Die Islamisten hatten gedroht, die überwiegend christlichen Mädchen als Sklavinnen zu verkaufen. Die Regierung von Präsident Jonathan wirkt seit langem hilflos im Kampf gegen die Terroristen.

Die nigerianische Regierung wies unterdessen Berichte über die Entführung von neuerlich mehr als 60 Frauen und Mädchen aus einem Dorf im Nordosten des Landes zurück. Es gebe "keinerlei Beweise" dafür, sagte Regierungssprecher Mike Omeri am Mittwoch vor Journalisten in Abuja. Die Regierung wolle daher klarstellen, "dass es laut vorliegenden Fakten keine Entführung von 60 Menschen im Teilstaat Borno gegeben hat". (APA, 26.6.2014)