Jetzt soll also das Volk darüber abstimmen, ob wir in der Bundeshymne von Söhnen und Töchtern oder nur von Söhnen singen. Das findet zumindest der selbsternannte "Volks-Rock-'n'-Roller" Andreas Gabalier. Er findet auch, dass die Diskussion darüber, ob man die Leistungen der Frauen in Österreich besingt oder nicht, eigentlich nicht so wichtig ist. Warum hält er dann eine teure Volksbefragung aller Österreicher für notwendig?

Im Jahr 2011 hat das Parlament beschlossen, dass künftig nicht "Heimat bist du großer Söhne", sondern "Heimat großer Töchter und Söhne" gesungen wird. So ist das in einer repräsentativen Demokratie: Die Abgeordneten werden vom Volk gewählt, verhandeln und beschließen dann. Zur Diskussion, ob diese paar Wörter in der Bundeshymne geändert werden, braucht man wirklich nicht die Bevölkerung zu befragen. Erstens wurde das Thema auch im Parlament ausführlich diskutiert, zweitens wäre eine Volksabstimmung viel zu teuer, und drittens ist das Thema tatsächlich nicht so wichtig.

Das klargestellt, bleibt trotzdem die Frage, warum sich Gabalier so dagegen wehrt, die Töchter in die Hymne zu integrieren. Im Radio hat er erklärt, dass "wir in einer Zeit leben, in der die Damenwelt geschätzt und gewürdigt wird und man das nicht im Jahr 2014 immer noch mitbetonen muss, dass die Frauen gleichberechtigt sind". Schon allein dass Gabalier von der "geschätzten Damenwelt" redet, spricht Bände.

In der "Damenwelt" halten die Herren die Tür auf, küssen die Hand und holen die Zuckerdose vom obersten Regal herunter. Wir können allerdings sehr gut selbst Türen öffnen, ein höflicher Handschlag reicht, und glücklicherweise wurden Leitern schon erfunden. Bei der Änderung der Hymne geht es nicht um die "geschätzte Damenwelt", sondern um die Würdigung der Leistungen von Frauen in Österreich. Dass Gabalier diese symbolische Geste verweigert, ist absolut unverständlich. Persönlich kann er die Änderung natürlich ablehnen, aber wenn er die Bundeshymne singt, sollte er sich an die gesetzliche Regelung halten. (Lisa Aigner, derStandard.at, 26.6.2014)