Villach – "Kärnten ist nicht nur die Hypo": In diese Botschaft verpackte Infineon-Austria-Vorstandsvorsitzende Sabine Herlitschka die Ankündigung des börsennotierten Halbleiterkonzerns, weitere 290 Millionen Euro in den Standort Villach zu investieren. Damit wird ein neuer Gebäudeverbund unter der Bezeichnung "Pilotraum Industrie 4.0" geschaffen, in dem nicht nur Forschung und Entwicklung weitergetrieben, sondern auch mehr Platz für die Produktion gegeben sein wird. Die jüngste Innovation, die in Villach erstmal erzeugten 300 mm Dünnwafer werden ja unter anderem teils in Villach, teils in Dresden gefertigt, ein dritter Standort für 200-Millimeter-Wafer befindet sich in Kulim in Malaysia.
Für den direkt aus Brüssel zur Pressekonferenz in Villach angereisten Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ist das endlich einmal eine gute Nachricht für sein durch die Hypo-Malaise dauerkrisengeschütteltes Bundesland. Zumal diese Investition nicht nur den Infineon-Standort Villach bis auf weiteres absichert, sondern damit auch die Schaffung von rund 200 neuen hochqualifizierten Arbeitsplätzen verbunden ist. Und das kann Kärnten –es liegt im Bundesländerranking mit eine Arbeitslosenquote von 9,2 Prozent im Mai auf dem vorletzten Platz – gut gebrauchen.
Auch die anfängliche Verunsicherung der Villacher Infineon-Mitarbeiter nach dem Vorstandswechsel von Monika Kircher zu Herlitschka hat sich nunmehr endgültig zerstreut. Hatte doch das Unternehmen, das mit seinen heute 2.600 Mitarbeitern (österreichweit sind es mit den Standorten Graz und Linz 3.111 Personen) Kärntens größter privater Arbeitgeber ist, nicht immer rosige Zeiten zu verzeichnen. 2008/09 traf die weltweite Krise auch Infineon hart und man musste zeitweilig auf Kurzarbeit umstellen.
Neuer Entwicklungsschritt
Die Fokussierung auf Forschung und Entwicklung hat den Standort Villach letztlich einzementiert, aber auch die Schwerpunkte Mikroelektronik für die Autoindustrie und Energieeffizienz. "Der Standort Villach hat eine hohe Innovationskraft, hier werden wichtige Entwicklungen vorangetrieben und produktionsreife innovative Technologien an andere Infineon-Standorte transferiert", erläutert Hans Dirk Löwe, Leiter der Frontend-Fertigung der Infineon Technologies Austria AG, die weltweit Halbleiter- und Systemlösungen anbietet.
Mit dem neuen "Projekt Industrie 4.0" in Villach gehe man nun den nächsten Entwicklungsschritt und werde noch enger mit Forschungspartnern, Universitäten und Fachhochschulen kooperieren.
"Reindustrialisierung Europas"
Im neuen "Pilotraum Industrie 4.0" würden unter anderem 1700 Quadratmeter Reinraumfläche und 1800 Quadratmeter Messtechnikflächen geschaffen, erläutert die neue Vorstandvorsitzende Herlitschka. 245 Millionen Euro würden dafür aufgewendet, 45 Millionen fließen in die Forschung. Herlitschka sieht darin auch einen Beitrag zur "Reindustrialisierung Europas". Die Investition in Villach sei auch im Hinblick auf die Reformbereitschaft des Bundeslandes Kärnten und der Republik gesetzt worden, sendet Herlitschka aber auch Signale in Richtung Politik. Infineon-Zentralbetriebsrat Robert Müllneritsch spricht konkret eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten an. Und man erwartet sich auch Förderungen von Kärnten, dem Bund und der EU. Konkrete Beträge will Herlitschka nicht nennen, man sei noch am Verhandeln.
Landeshauptmann Peter Kaiser kann zumindest schon mit einem diesbezüglichen Grundsatzbeschluss der Kärntner Landesregierung aufwarten. Die Investition bei Infineon-Villach sei eine wichtige Weichenstellung für Kärnten und den gesamten Alpen-Adria-Raum. Kärnten sei damit auf dem richtigen Weg zu einer führenden Region in den Bereichen Forschung und Entwicklung: "Mit dem Triple-I – Innovation, Investition und Internationalität – können wir wirksame Maßnehmen gegen Kärntens negatives Triple A – Armut, Abwanderung und Arbeitslosigkeit – setzen", meint Kaiser.
Kartellstrafe
Zu der drohenden Karteillstrafe wegen verbotener Preisabsprachen für Spezialchips wollte Herlitschka mit Verweis auf das noch laufende Verfahren nichts sagen. Die Chiphersteller Infineon, Philips und Samsung müssen in den kommenden Wochen mit einer Geldstrafe rechnen. Die Vorwürfe reichen in die Jahre 2003 und 2004 zurück. Die EU-Kartellwächter werfen den Beteiligten vor, die Preise für Sicherheitstechnik für Handys, Pässe und Scheckkarten untereinander abgemacht zu haben. (Elisabeth Steiner, derStandard.at, 26.6.2014)