Ganz ähnlich wie Licht in einem Glasfaserkabel transportiert wird, lassen sich mit der neuen Technologie magnetische Felder über beliebig große Distanzen weiter leiten.

Grafik: Universitat Autònoma de Barcelona

Innsbruck/Wien - Elektromagnetische Wellen über weite Entfernungen zu übertragen, ist heute selbstverständlich. So werden beispielsweise Lichtwellen - und damit Informationen - über Glasfaserkabel weltweit verbreitet. Mit Magnetfeldern war dies bisher nicht möglich. Einer Gruppe von internationalen Physikern unter Beteiligung heimischer Forscher ist es nun gelungen, mit einer  einfachen Anordnung Magnetfelder durch eine Art Schlauch über weite Strecken zu transportieren, berichten sie im Fachjournal "Physical Review Letters".

In theoretischen Überlegungen ist dem Team katalanischer, deutscher und österreichischer Physiker von einem fiktiven Material ausgegangen, das extrem anisotrope magnetische Eigenschaften aufweist. Das bedeutet, dass sich in eine Richtung Magnetfelder sehr gut fortpflanzen können, senkrecht dazu aber nicht. Weil kein Material diese Eigenschaften besitzt, haben die Physiker einen Trick ersonnen.

Sie gingen von einem zylinderförmigen Aufbau mit abwechselnden Schichten von Ferromagneten und Supraleitern aus. In ferromagnetischen Materialien wie Eisen richtet sich der Eigendrehimpuls, der sogenannte Spin, der Elektronen parallel zueinander aus, sodass ein Magnetfeld entsteht. In Supraleitern fließt Strom nicht nur widerstandslos, sie sind auch perfekte magnetische Isolatoren.

Magnetfeld über beliebige Distanzen transportierbar

Die Berechnungen der Forscher zeigten, dass die beiden Materialien zwiebelförmig geschichtet bis zu 90 Prozent eines Magnetfelds über beliebige Distanzen transportieren könnte. Selbst der vergleichsweise einfache Aufbau eines ferromagnetischen Kerns ummantelt mit einer Schicht Supraleiter würde bis zu 75 Prozent des Magnetfeldes übertragen.

An der Universitat Autonoma de Barcelona realisierten die Wissenschafter dann diesen Aufbau in einem Experiment mit einem rund ein Zentimeter dicken ferromagnetischen Kern und einer dünnen supraleitenden Schicht. Für ein Magnetfeld wirkt diese Konstruktion wie ein Schlauch für Wasser - es pflanzt sich in dem Kern ungehindert fort.

14 Zentimeter langer Magnetfeld-"Schlauch"

"Wenn man auf die beiden Seiten dieses 'Schlauchs' einen Kühlschrankmagneten hält, ist deren Abstoßung bzw. Anziehung selbst über große Distanzen spürbar", erklärte Oriol Romero-Isart vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck. In dem "Proof of Principle-Experiment" war der Magnetfeld-"Schlauch" rund 14 Zentimeter lang.

Romero-Isart wurde im Vorjahr von der Uni Innsbruck berufen. Der theoretische Physiker hat vom Europäischen Forschungsrat (ERC) einen mit 1,3 Millionen Euro dotierten Wissenschaftsförderpreis ("Starting Grant") erhalten, in dessen Rahmen er sich mit der Kontrolle und Steuerung von Quantensystemen durch magnetische Felder und Supraleiter beschäftigt.

Genau hier liegt auch eine mögliche Anwendung für den Magnetfeld-"Schlauch". Denn die Physiker wollen in ihren Experimenten oft nur ein Quantensystem mit einem Magnetfeld manipulieren, ein benachbartes aber nicht. "Das war bisher nicht möglich", sagte Romero-Isart. Mit einem sehr kleinen Magnetfeld-"Schlauch" könnte man aber das Magnetfeld auf nur ein Quantensystem konzentrieren. Und genau daran arbeiten die Physiker nun: "Wir wollen den 'Schlauch' in den Nanobereich verkleinern und prüfen, ob das auch auf dieser Skala funktioniert", so der Wissenschafter. (APA/red, derStandard.at, 26.06.2014)