Trau, Schau, Wem? Zur Glaubwürdigkeit der Massenmedien, Medienwissen Band 8, herausgegeben von Clemens Hüffel, Anneliese Rohrer, Verlag Holzhausen

Wenn FH-Studenten für Anneliese Rohrer und Clemens Hüffel ausschwärmen, um für die nächste Ausgabe der Buchreihe "Medienwissen" Menschen aus der Branche zu befragen, bringen sie gemeinhin lesenswerte Erkenntnisse zurück. Band acht wird Donnerstagabend präsentiert, er behandelt unter dem Titel "Trau, schau, wem?" die Glaubwürdigkeit der Massenmedien. Zwei Interviews daraus gegenüberzustellen, hat was.

"Boulevardzeitungen lügen nicht", erklärt auf Seite 108 Stefan Knoll: "Sie blenden nur Perspektiven aus." Knoll leitet Workshops über "Die Rezepte der Medienmacher/innen" in Mittelschulen. Er war politischer Redakteur bei "Österreich" und "Heute".

Die ÖFB-Perspektive

Ab Seite 60 des Bandes erklärt der Kommunikationsdirektor des Österreichischen Fußball-Bundes, Wolfgang Gramann, warum die Nationalmannschaft im Herbst 2013 einen offenen Brief an "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner geschrieben hat, in dem sie ihn bezichtigt, die Zeitung habe nie stattgefundene Interviews konstruiert.

Gramann sagt Interviewer Roman Payer etwa: "Spieler wurden mit Aussagen zitiert, die sie nicht gesagt hatten, oder Fotos wurden manipuliert." Oder "Andere Journalisten waren sauer, weil sie sich immer den Fragen der Chefredakteure stellen mussten, warum 'Österreich' ein Interview bekommen habe und sie nicht. Dabei gab es nie ein Interview!" Die Fälle füllten einen "ganzen Ordner an 'Österreich'-Berichten zum Nationalteam. Das sind mehr als 200 Seiten, wir haben alles dokumentiert."

"Nichts Negatives über bestimmte Politiker"

Stefan Knoll sagt über seine Erfahrungen mit der Glaubwürdigkeit der beiden Boulevardblätter: "Bei 'Heute' waren die Abläufe professioneller. Gewisse Dos and Don'ts gab es bei beiden Medien. Über bestimmte Politiker durften wir nichts Negatives schreiben, da hatten wir die klassische Schere im Kopf. Direkte Einflussnahme gab es, aber selten."

"Wahrheit ein bisschen zurechtgebogen"

Das will Interviewer Jakob Arnim Ellissen genauer wissen. Knoll: "Während meiner Zeit dort wurde, aber das kann ich wirklich nur an ein, zwei Beispielen festmachen, die Wahrheit ein bisschen zurechtgebogen. Nur ist das nicht die generelle Stoßrichtung des Boulevards, und die Glaubwürdigkeit einer Zeitung leidet auch darunter. Wenn wir die Jugendlichen gefragt haben, wer mehr lügt, ist sofort 'Österreich' gekommen und die 'Kronen Zeitung'."

Nachfrage Arnim-Ellissens: "Gerade ,Österreich' wird oft vorgeworfen, auch vor Lügen nicht zurückzuschrecken. Stimmt das?" Knoll: "Dazu sage ich jetzt besser nichts."

Später sagt Knoll in dem Interview noch zu "Heute": "Ich habe nie erlebt, dass dort konkret Fakten manipuliert wurden." (red, derStandard.at, 26.6.2014)